Würzburg/Sydney (POW) Bischof Dr. Friedhelm Homann hat den Weltjugendtag in Sydney live miterlebt. In den vergangenen Tagen leitete er drei Glaubensgespräche mit deutschen Jugendlichen, kam mit den Würzburger Pilgern zusammen und genoss die Begeisterung beim Empfang des Papstes in Sydney. Im folgenden POW-Interview, das am Freitagmittag, 18. Juli, per Telefon geführt wurde, schildert Bischof Hofmann seine Eindrücke vom Weltjugendtag und seine Erwartungen an die große Abschlussfeier mit Papst Benedikt XVI.
POW: Wie erleben Sie den Weltjugendtag in Australien?
Bischof Dr. Friedhelm Hofmann: Der Weltjugendtag ist ein überwältigendes Erlebnis. Es sind derzeit 200.000 bis 250.000 Jugendliche in Sydney. Die ganze Stadt ist voller junger Leute, die singend und Fahnen tragend durch die Stadt ziehen. Das ganze Stadtbild ist verjüngt und erheitert. Die Bewohner Sydneys stehen staunend da und sagen: So etwas haben wir noch nicht erlebt. Die Eröffnungsmesse war ein unglaubliches Ereignis vor einer bezaubernden Kulisse. Die australischen Zeitungen schrieben: So etwas hat Sydney noch nicht erlebt. Der Papstbesuch wird von einer begeisterten jungen Gemeinschaft gefeiert. Benedikt XVI. konnte nur staunen. Man sieht dem Papst an, dass er sich über diesen Empfang freut. Es sind junge Menschen aus der ganzen Welt in Sydney versammelt – auch aus verfeindeten Ländern. Sie springen über den Schatten und machen eine Gemeinschaft sichtbar, die auf dem christlichen Glauben basiert.
POW: Wie ist Stimmung in der Stadt des Weltjugendtags 2008 – Party oder spirituelles Treffen?
Bischof Hofmann: Wenn man durch Sydney geht, meint man zunächst, einen großen Event zu erleben. Aber in den Gottesdiensten ist die Aufmerksamkeit groß. Die Jugendlichen hören zu, singen und beten – auch öffentlich. Ich erlebe hier eine Mischung von überbordender Lebensfreude auf der einen Seite und tiefer Spiritualität auf der anderen Seite.
POW: Bei drei Glaubensgesprächen, sogenannten Katechesen, haben sie mit Jugendlichen über Kirche, Heiliger Geist und Glaubenszeugnis gesprochen. Wie erlebten Sie die Gespräche?
Bischof Hofmann: In fast allen Gotteshäusern fanden Katechesen in den unterschiedlichen Sprachen statt. Ich habe in Ashbury, Epping und Rose Bay drei Katechesen mit Jugendlichen aus Oldenburg, Osnabrück und Fulda geleitet. Die Jugendlichen waren sehr aufgeschlossen und wissbegierig. Sie haben nach Glaubenszusammenhängen gefragt und danach, warum sie heute glauben sollen. Von den Katechesen und Gottesdiensten bin ich sehr begeistert zurückgekommen.
POW: Welche Fragen beschäftigen die Jugendlichen?
Bischof Hofmann: Die Jugendlichen haben nach der Glaubwürdigkeit der Kirche im Umgang mit Minderheiten gefragt – zum Beispiel haben sie darauf hingewiesen, dass Homosexuelle nicht ausgegrenzt werden dürften. Fragen gab es weiter zur Evolutionstheorie und zur biblischen Schöpfungslehre, zur Bedeutung der Sakramente und zum Wirken des Heiligen Geistes. Einige fragten danach, was sie selber tun könnten, um mehr vom Glauben zu wissen und anderen dann ein Glaubenszeugnis geben zu können. Ich hatte den Eindruck, die Jugendlichen akzeptieren die Antworten der Kirche. Sie wollen klare und authentische Antworten von uns hören. Das was man ihnen sagt, nehmen sie an, auch wenn es ihnen nicht immer schmeckt.
POW: Konnten Sie auch die Würzburger Jugendlichen treffen?
Bischof Hofmann: Die Würzburger Pilger habe ich in den vergangenen Tagen getroffen. Sie waren sehr motiviert und begeistert. Obwohl sie gerade eine mehrstündige, anstrengende Busfahrt von Melbourne nach Sydney hinter sich hatten, waren sie voller Energie. Es herrschte eine fantastische Stimmung. Leider hatte ich keine Katechesen mit Jugendlichen aus Bayern. Insgesamt habe ich nach den bisherigen Begegnungen den Eindruck, wir dürfen die beiden kommenden Tage mit Papst Benedikt XVI. gelassen angehen. Am Freitagnachmittag, 18. Juli, gab es ein großes Ereignis: Der Kreuzweg wurde im Stil deutscher Passionsspiele in der ganze Stadt gezeigt. Das war sehr beeindruckend.
POW: Welche Erwartungen haben Sie an die große Abschlussfeier mit Papst Benedikt XVI.?
Bischof Hofmann: Papst Benedikt wird die Jugendlichen sicherlich ermutigen, den Heiligen Geist nicht nur zuzulassen, sondern auch Zeugnis für den Glauben zu geben. Die Welt braucht dieses Zeugnis der Jugend. Papst Benedikt XVI. wird aber auch einige kritische Themen ansprechen: zum Beispiel Pädophilie bei Priestern. Die australischen Medien sind voll von diesem Thema. Es werden Fälle genannt, die schon vor Jahren passiert sind, aber nicht genügend aufgearbeitet wurden. Von Benedikt XVI. werden hier – wie bei seiner Amerika-Reise – klare Worte erwartet. In den USA erzeugte der Papstbesuch eine sehr positive Wirkung und brachte Änderungen. Man erwartet das offensichtlich auch in Australien.
POW: Was können die Jugendlichen, was die Bischöfe vom Weltjugendtag mitnehmen?
POW: Wir müssen uns verstärkt den Jugendlichen zuwenden und ihnen helfen, dass sie einen Zugang zur Kirche finden. Wir müssen noch mehr das Lebensgefühl der Jugendlichen aufgreifen und sie dann tiefer in die Glaubensverkündigung führen. Ich hatte bei Gesprächen verstärkt den Eindruck, wir benutzen ein Vokabular, das Jugendliche nicht mehr verstehen. Auch die Fragen der Jugendlichen zeigen, dass sie oft nur wenig Ahnung haben von der religiösen Praxis. Die jungen Leute sind für religiöse Themen offen, sie hören zu und wollen mehr vom Glauben wissen. Sie sind begeisterungsfähig.
POW: Ein Wort aus Australien an die Menschen im Bistum Würzburg …
Bischof Hofmann: Ich kann nur dazu einladen, über die Medien zu verfolgen, was in Sydney geschieht. Der Weltjugendtag ist nicht nur ein Ereignis für Australien, sondern das Treffen strahlt in die ganze Welt aus. Umso mehr die Menschen zuhause dies miterleben, umso mehr werden sie die Stimmung von Sydney aufgreifen und weitergeben können. Ich hoffe, dass die Jugendlichen im Bistum Würzburg bei ihren Treffen in Kloster Oberzell, in Bad Neustadt, in Aschaffenburg und an anderen Orten viel von diesem Geist des Weltjugendtags in Sydney mitbekommen.
Interview: Bernhard Schweßinger (POW)
(3008/0898; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Fotos von Bischof Hofmann in Australien abrufbar im Internet unter www.kna-bild.de