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Lebensnerv der jungen Leute treffen

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalamt am Kiliani-Tag der Verantwortlichen in Erziehung und Schule, 9. Juli 2010, im Kiliansdom in Würzburg

Liebe Erzieherinnen und Erzieher, liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitbrüder,

es ist eine gute und wertvolle Tradition, dass eigens für die Erzieherinnen und Erzieher während der Kilianiwallfahrtswoche eine heilige Messe gefeiert wird, in der auch die Verleihung der MISSIO CANONICA stattfindet.

Zum einen schauen wir zurück auf die Glaubenszeugen der Frühzeit – Sankt Kilian, Sankt Kolonat und Sankt Totnan, die uns im 7. Jahrhundert den Glauben im Frankenland gefestigt haben. Ihr Lebensopfer wurde zum Samen des Glaubens.

Zum anderen schauen wir nach vorne, auf die uns im Glauben geoffenbarte Zukunft, die uns in der Ankündigung des Reiches Gottes einen Hinweis auf die Wiederkunft Christi und die Neuschöpfung der Welt am Ende der Zeiten gibt. Der Seher Johannes hat uns am Ende des ersten Jahrhunderts, als er auf der Mittelmeerinsel Patmos verbannt war, in einer überwältigenden Vision einen Einblick in die Heilsgeschichte gegeben. Gerade diese Einsicht in eine unsere Erfahrungswelt übersteigende Erfahrung, die auf einen schon im Alten Testament entwickelten apokalyptischen Sprachschatz mit allen Metaphern, Symbolen, Allegorien und Gleichnissen zurückgreift, ist nur schwer nachvollziehbar. Und doch eignet diesem einzigen prophetischen Buch des Neuen Testaments eine solche Kraft und auch poetische Schönheit und Dichte, dass die Mühen des Einstiegs hundertfach belohnt werden. Denn dieses verschlüsselte Offenbarungsbuch enthüllt letztlich die Liebe Gottes zu uns, die sich trotz aller menschlicher Katastrophen als roter Faden durch die Geschichte hindurch zieht. Dieses gewaltige Trostbuch endet mit dem sehnsuchtsvollen Satz: „Komm, Herr Jesus – Maranatha.“ Geschichte wird als Heilsgeschichte entschlüsselt und den in der Anfechtung und Bedrohung stehenden Gläubigen Zuversicht, Mut und Hoffnung geschenkt. Es geht letztlich um unsere Zukunft.

Heute Morgen hatten wir zirka 1300 Kindergartenkinder im Dom. In dieser quirligen, lebendigen Schar wurde mir wieder deutlich, wie sehr es darauf ankommt, diesen Kindern den Weg zum Glauben zu bahnen und ihnen eine Tür zur persönlichen Erfahrung der Liebe Gottes zu uns zu öffnen.

Sie, liebe Schwestern und Brüder, haben es sich dankenswerter Weise zur Aufgabe gemacht, jungen Menschen bei ihren Fragen nach dem Woher, Wohin und Wozu des menschlichen Lebens helfend beizustehen. Es sind die Urfragen des Menschen, die selbst Paul Gauguin auf den Rand eines seiner berühmten Tahiti-Bilder geschrieben hat: Woher kommen wir, wer sind wir und wohin gehen wir?

Kinder haben sicherlich eine eigene Weltsicht und Weltdeutung und somit eine eigene Weise, Gott zu erfahren und zu denken (Vgl. Die deutschen Bischöfe, Nr.85, 10) Sie sind – wie viele von Ihnen schon dankbar festgestellt haben – aufgeschlossen für die Botschaft des Evangeliums. Dies wird mit zunehmendem Alter sicherlich schwieriger.

Der Religionsunterricht kann hier ansetzen und mit den Ausdrucksformen des Glaubens vertraut machen, Zugänge zur befreienden Kraft des Wortes Gottes in den biblischen Überlieferungen eröffnen, das Verständnis für Menschen anderer Konfessionen, Religionen und Kulturen fördern und auf der Grundlage der Glaubensüberlieferung Maßstäbe ethischen Urteilens erschließen.

Religiöse Bildung vollzieht sich im katholischen Religionsunterricht in Korrespondenz mit der konkret erfahrbaren Glaubensgemeinschaft der Katholischen Kirche. Theologisch gehören Glaube und Kirche untrennbar zusammen (Ebd. 11).Deshalb wird heute auch an Frauen und Männern in der heiligen Messe die MISSIO CANONICA ausgeteilt. Gerade die personale Kommunikation in einem konfessionellen Religionsunterricht ist von zentraler Bedeutung. Denn die Konfessionalität des katholischen Unterrichtes ist nicht nur von den Inhalten, sondern auch von den Lehrenden und Lernenden bestimmt.(Ebd. 15) Sie sind in der Begegnung mit den Schülerinnen und Schülern ‚Zeugen des Glaubens’. Durch Sie bildet sich deren religiöse Urteilsfähigkeit.

Ich habe mich oft gefragt, wieso nach so vielen Religionsunterrichtsstunden, so wenig Glaubenswissen – etwa bei Abiturienten – vorhanden ist. Bei der Überprüfung meiner eigenen Erfahrungen fiel mir auf, dass ich beispielsweise in den Fächern Chemie und Physik kein wirklich schulisch abfragbares Wissen mehr habe. Die allermeisten Formeln habe ich – trotz guten Unterrichtes – längst vergessen. Warum? Weil für mich diese Kenntnisse nicht unbedingt substantiell mit meinem Leben zu tun haben. Das wird anderen im Bereich des Religionsunterrichtes so gehen. Falls dieser Unterricht nicht Gelegenheit zum selbständigen Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Einstellungen gibt, also nicht den Lebensnerv der jungen Leute trifft und nicht zu kommunikativem Handeln führt, bleibt viele Mühe umsonst.

Dabei muss es uns ein Anliegen sein, dass Glaube, Kultur und Leben einander durchdringen. Die religiöse Bildung soll nicht additiv der säkularen Bildung hinzugefügt werden, sondern auf sie bezogen und mit ihr verbunden werden. Letztlich ist damit das für eine christliche Lebensorientierung zentrale Verhältnis von Glaube und Wissen, von Glaube und Vernunft angesprochen (Die deutschen Bischöfe, Nr. 90, 11), ein Thema, das unserem Heiligen Vater besonders am Herzen liegt.

Eine wichtige Aufgabe ist neben der Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auch die Förderung von wertbezogenen Einstellungen und Haltungen. Bildung meint diesen Zusammenhang von Wissen, Werten und Handeln. (Ebd. 11)

Als Religionslehrerinnen und Lehrer sind Sie gleichsam Kundschafter und Botschafter solcher Visionen vom Leben.

Ich danke Ihnen für Ihren oft nicht leichten Dienst. Gerade in den letzten Monaten mit dem Aufdecken sexueller Übergriffe auch im kirchlichen Umfeld, dürften Sie sowohl bei den Schülerinnen und Schülern als auch bei Ihren Kolleginnen und Kollegen keinen leichten Stand gehabt haben. Wir sind bemüht, durch lückenlose Aufklärung dieser Vorfälle und durch eine Selbstreinigung der Kirche wieder neues Vertrauen aufzubauen. Ihnen fällt dabei auch eine Schlüsselrolle zu.

Mich tröstet in diesem Zusammenhang die schonungslose Schilderung von Schuld und Schuldigwerden in der Offenbarung des Johannes. Deshalb kann ich umso intensiver in seinen Bittruf einstimmen: Komm, Herr Jesus – Maranatha! Amen.