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Medienrummel hinter Klostermauern

Beobachtungen am Rande der Vorstellung von Erzbischof Robert Zollitsch als neuem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz

Würzburg (POW) Wohl dem Fotografen, der ein Leiterchen dabei hat, um einen besseren Blick in die Menge zu bekommen: Mehr als 20 Fernsehkameras haben sich vor dem Exerzitienhaus Himmelspforten längs eines am Boden gespannten Seils in Stellung gebracht, die gleiche Zahl von Fotografen versucht, sich in eine gute Knipsposition zu bringen, ohne sich zwischen die vielen Kollegen der schreibenden Zunft drängen zu müssen. Dann summt der elektrische Türöffner und durch die zwei gläsernen Flügel des Eingangstors tritt Kardinal Karl Lehmann mit seinem Nachfolger heraus: Erzbischof Robert Zollitsch aus Freiburg.

Kurz vor elf Uhr wird es richtig unruhig im sonst so beschaulichen Garten von Himmelspforten: Vorhin standen dort nur die einsam auf Stativen positionierten Kameras, dazwischen ein paar plauschende Journalisten und Techniker. Kaum hat das Gerücht die Runde gemacht, dass in wenigen Minuten der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz vorgestellt wird, kommt Wallung in die über 150 Personen zählende Masse, die zum Teil schon seit dem frühen Morgen ausharrt. Schnell werden die Tassen mit wärmendem Tee ausgetrunken, bringen die letzten ihre Mikrofone in Position, tauschen andere mit sichtbaren Schweißperlen auf der Stirn die Akkus des Funksenders aus.

„Der Zollitsch ist es, ich lass das Handy an, damit Ihr die Atmo aufzeichnen könnt“, raunt ein Pressemann in sein Handy und hält es dann mit langem Arm in die Höhe. Andere tippen schnell eine SMS an ihre Redaktionen. Am schnellsten sind die Fernsehjournalisten mit der Meldung raus: Phoenix überträgt via Satellitenmobil live. Noch während Kardinal Lehmann ausführlich den Lebenslauf seines Nachfolgers verliest, schaltet ein Nachrichtenkanal seinen Korrespondenten auf Sendung. „Robert Zollitsch – das ist, wenn wir ehrlich sind, dann doch ein bisschen eine Überraschung“, verkündet er in Richtung Kamera.

„Abstand bitte, dann haben wir doch alle etwas davon“, ruft Dr. Martina Höhns, Pressesprecherin der Deutschen Bischofskonferenz und schiebt Fernsehkameras und Fotografen mit ausgebreiteten Armen vor sich her. Noch während Kardinal Lehmann sich mit seinem Nachfolger aus dem Pulk der Journalisten zu lösen versucht, damit die beiden für ein Pressebild posieren, kommt ihm sein Begleiter abhanden. „Was haben Sie gefühlt, als die Wahl auf Sie gefallen ist?“, will eine Reporterin des Privatfernsehens vom Freiburger Erzbischof wissen. Der Kardinal quittiert es mit einem Lachen, als er Zollitsch im Blitzlicht hinter sich entdeckt.

Nach fünf Minuten ist die Interviewschlacht mit den Hauptpersonen geschlagen. Die eine Gruppe von Journalisten eilt in den neuen Presseraum im Garten von Himmelspforten. Die andere sucht sich einen Bischof, der eine Einschätzung gibt. Besonders gefragt ist Würzburgs Bischof Dr. Friedhelm Hofmann. Bereitwillig gibt er Statements zur Wahl ab. Die Freude, bei einem derart bedeutenden Ereignis Gastgeber zu sein, steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Schauen Sie sich allein dieses Wetter an“, sagt er lächelnd und deutet in Richtung des sattblauen Himmels.

Im Presseraum unterbricht nur das Brummen des Kaffeeautomaten und das Klackern der Tastaturen die Stille der arbeitenden Journalisten. Hell und warm ist es in dem umgebauten früheren Stallgebäude, ein Servicetechniker des Bischöflichen Ordinariats hilft bei Problemen mit dem Internetanschluss, und der Getränkekühlschrank ist mit Säften, Cola, Limo und Wasser gut bestückt. Auf einem Regal an der Wand liegen die Statuten der Konferenz und die Tagespredigt von Kardinal Joachim Meisner aus. Wer an der langen Tafel keinen Sitzplatz für die Arbeit am Laptop bekommen hat, kniet sich hin oder flüchtet nach draußen in die Sonne, um seine Geschichte zu schreiben, die Flut der Bilder zu sortieren.

Punkt Zwölf öffnet Rektor Dr. Burkhard Rosenzweig die Tür zum Presseraum und lotst zwei Küchendamen herein: Belegte Brötchen tablettweise und ein Korb voll Butterhörnchen für die Medienschaffenden. Und endlich kommt auch die volle Wahrheit ans Licht: „Zollitsch ist Lehmann mit anderen Mitteln“, doziert der eine Journalist vor der Tür in sein Telefon. Und ein groß Gewachsener mit Hut verkündet einem Kollegen mit stolzgeschwellter Brust: „Ich habe Zollitsch vor sechs Wochen überhaupt erst ins Gespräch gebracht.“ Nur ein Agenturfotograf hat davon bisher wohl nichts mitbekommen: „Weiß jemand, wie man Zollitsch genau schreibt?“, fragt er in die Menge.

(0708/0230; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotogalerie abrufbar im Internet