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„Mein Gott, ich glaube an dich“

Predigt von Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele beim Fatima-Gottesdienst am 13. Oktober 2006 in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Geburt in Höchberg

Der Anfang in Fatima

Am Anfang der Ereignisse von Fatima steht ein Gebet. Die zehnjährige Lucia, ihr neunjähriger Vetter Francisco und ihre Cousine Jacinta sprechen es beim Schafehüten am Berg Cabaca. Zunächst wiederholen sie es dreimal; dann gehorchen sie der Weisung: „So sollt ihr beten“ und sprechen es immer wieder. Dieses Gebet beginnt mit den Worten: „Mein Gott, ich glaube an dich.“ Das führt uns geradewegs in die Mitte der ganzen Weltgeschichte und in die Mitte unseres Lebens.

Der Anfang der Menschwerdung Gottes

Paulus spricht von beidem, wenn er verkündet: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau …, damit wir die Sohnschaft erlangen“ (Gal 4,4 f.). Dadurch hat der Lauf der Welt eine entscheidende Wende genommen. Gott selber ist für immer ein Glied der Menschheit geworden. „Das Wort Gottes, durch das alles geworden ist, ist selbst Fleisch geworden und ist, auf der Erde der Menschen wohnend, als wirklicher Mensch in die Geschichte der Welt eingetreten, hat sie sich zu Eigen gemacht und in sich zusammengefasst.“ Der Herr ist „der Mittelpunkt der Menschheit, die Freude aller Herzen und die Erfüllung ihrer Sehnsüchte.“ Das hat jedes Menschenleben von Grund auf verändert. Mit dem Konzil dürfen wir zu sagen wagen: „Der Sohn Gottes hat sich in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt.“

In einzigartiger Weise wurde die Jungfrau Maria in dieses Geschehen einbezogen. Als erste ist sie in dieses Geheimnis eingeweiht worden. Als erste hat sie dazu das Ja des Glaubens gesprochen. Als erste hat sie so den Sohn Gottes in ihr Herz aufgenommen. Im Blick darauf lehrt der heilige Augustinus: „Maria war seliger, den Glauben an Christus zu erhalten, als das Fleisch Christi zu empfangen … Ihre Mutterschaft hätte Maria nichts genützt, wenn sie nicht glücklicher gewesen wäre, Christus in ihrem Herzen zu tragen, als in ihrem Fleisch.“

Vom Heiligen Geist bewegt, preist Elisabet ihre junge Verwandte mit den Worten: „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“ (Lk 1,45). Was der Engel Gottes ihr verkündete, war für Maria so unfassbar, wie es für uns alle ist. Kein Wunder, dass sie fragt: „Wie soll das geschehen?“ (Lk 1,34). Die daraufhin erfolgende Antwort des Engels mündet in die Worte: „Für Gott ist nichts unmöglich“ (Lk 1,37). Das erinnert an die Frage, mit der Abraham konfrontiert wurde, als dem Hochbetagten in Mamre die Geburt eines Sohnes angekündigt wurde: „Ist beim Herrn etwas unmöglich?“ (Gen 18,14). Abraham hat „gegen alle Hoffnung voll Hoffnung geglaubt“ (Röm 4,18). „ Er zweifelte nicht im Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde stark im Glauben, und er erwies Gott die Ehre, fest davon überzeugt, dass Gott die Macht besitzt, zu tun, was er verheißen hat“ (Röm 4,20 f.). Das Fiat Mariens ist von derselben Art. Mit ganzem Herzen spricht sie ihr Ja des Glaubens: „Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Ihr Ja beschränkt sich nicht auf diese Worte. Mit ihnen beginnt eine Bewegung, die kein Ende hat. Ihr Ziel ist Gott, der Weg zu ihm ist sein Wille, die Kraft ist seine Gnade. Ihr Ja des Glaubens ist ein wachsendes Ja. Papst Johannes Paul II. hat das zu dem Gebet inspiriert:

„O Jungfrau von Nazaret, das Ja, das du in deiner Jugend gesprochen hast, hat deine ganze Existenz bestimmt und ist groß geworden wie dein Leben selbst.“

In vorbildlicher Weise wird ihr Glaube „in der Liebe wirksam“ (Gal 5,6). Kurz nachdem sie ihr Jawort gesprochen hat, macht sie sich auf, um ihrer Verwandten Elisabet zu helfen. Sie zieht sich nicht zurück, um sich ganz auf ihre Aufgabe als Gottesmutter zu konzentrieren. Sie eilt zu ihrer Verwandten, um ihr beizustehen. So empfängt Elisabet über die Hilfe ihrer jungen Verwandten hinaus noch vor seiner Geburt die Hilfe des Heilands. Als seine Mutter stimmt Maria das Magnifikat an. Zu ihrem Glauben gehört der Lobpreis Gottes und das Jubeln über ihn und seine Wundertaten.

All das kann uns bewusst machen, was hinter den schlichten Gebetsworten der Fatimakinder steht: „Mein Gott, ich glaube an dich.“ Es ist eine Wegweisung für uns alle.

Der Anfang der Christwerdung des Menschen

Wie Maria sind wir alle zum Glauben berufen. Gott hat uns allen die dazu nötige Gnade geschenkt; er schenkt sie uns immer wieder, denn der Glaube ist immerzu fällig. Wie Gott uns immerzu sein Ja zuspricht, so schulden wir ihm immerzu das Ja unseres Glaubens. Wie das empfangende Ja Mariens am Anfang der Menschwerdung Gottes steht, so steht unser Glaubens-Ja am Anfang unseres christlichen Lebens. Dieses ist ja nicht weniger als das Leben Christi in uns. Genau das erbittet der Apostel mit den Worten: „Durch den Glauben wohne Christus in euren Herzen“ (Eph 3,17). Vom rechten Glauben hängt unser Heil ab. „Glaubt ihr nicht, dann bleibt ihr nicht“, sagt der Herr seinem Volk (Jes 7,9). Wir sind gut beraten, wenn wir im Rosenkranzgebet als erstes erbitten, dass Jesus „in uns den Glauben vermehre“. Möge der Herr uns auf die Fürbitte Mariens einen festen und starken Glauben schenken, einen frohen Glauben, einen Magnifikat-Glauben, einen Glauben, der das Ja der Liebe und die Tat der Liebe verbindet. Amen.

(4206/1445)