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„Menschen als Subjekt der Seelsorge“

Interview mit Dekan Rudolf Kunkel zur Situation im Dekanat Karlstadt angesichts der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften

Zellingen/Karlstadt (POW) Relativ gut ist der Prozess der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Karlstadt vorangeschritten. 40 Pfarreien, zwei Kuratien und 24 Filialen sollen bis 2010 zwölf Pfarreiengemeinschaften bilden. „Wichtig ist, dass die Menschen nicht als Objekt, sondern als Subjekt der Seelsorge in den Mittelpunkt des Bemühens gestellt werden“, beschreibt Dekan Rudolf Kunkel (Zellingen) in folgendem Interview das Mühen um neue Seelsorgestrukturen im Dekanat Karlstadt.

POW: Wie würden Sie den aktuellen Stand des Prozesses der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Karlstadt umschreiben?

Dekan Rudolf Kunkel: Bei uns im Dekanat Karlstadt sieht es relativ gut aus. Sieben von zwölf Pfarreiengemeinschaften sind errichtet. Die verantwortlichen Gremien in den einzelnen Pfarreien haben nicht die Mühe gescheut, sich darüber Gedanken zu machen, wie eine zukünftige Zusammenarbeit aussehen könnte. Sie haben gefragt, wo die Schwerpunkte der einzelnen Pfarreien liegen und wie sie sich im Auftrag, den eine christliche Gemeinde in heutiger Zeit hat, gegenseitig ergänzen und stärken können. In den fünf übrigen Pfarreiengemeinschaften, wie sie von Bischof Friedhelm Hofmann umschrieben und festgelegt sind, geschieht gute Pfarreiengemeinschaftsarbeit – teilweise schon viele Jahre lang – , so dass sie sich fragen: „Wozu brauchen wir eigentlich noch so eine Vereinbarung? Es geht doch auch ohne sie gut.“ Natürlich gibt es auch in unserem Dekanat Pfarreiengemeinschaftsgebilde, bei denen noch „der Sand im Getriebe“ große Reibungen verursacht. Dabei liegt es meist nicht an den Verantwortlichen in den Gremien, sondern bei den Pfarrern und Hauptamtlichen, die sich eine gute Zusammenarbeit schwer vorstellen können.

POW: Wo liegen die besonderen Probleme, wo die besonderen Chancen in Ihrem Dekanat?

Kunkel: Unser Dekanat unterscheidet sich in keiner Weise von anderen Dekanaten mit deren Problemfeldern. Meist haben die benachbarten Gemeinden im Laufe ihres Bestehens ein großes Konkurrenzdenken aufgebaut. Und genau diese Gemeinden sollen jetzt miteinander arbeiten, feiern und beten. Die Chancen liegen darin, dass sie sich als christliche Gemeinden darauf besinnen, welche Aufgaben jede für sich und alle gemeinsam für diese Welt haben und sich darin gegenseitig ermutigen und bestärken.

POW: Im Dekanat dienen Pfarreiengemeinschaften als Modell für die künftige Entwicklung. Was ist Ihnen als Seelsorger wichtig bei der Zusammenführung von Pfarreien und wie nehmen die Gemeinden den Umstrukturierungsprozess wahr und an?

Kunkel: Wichtig ist, dass die Menschen nicht als Objekt, sondern als Subjekt der Seelsorge in den Mittelpunkt des Bemühens gestellt werden. Deshalb kommt es nicht so sehr auf das Entwickeln von funktionierenden Strukturen an, die einen reibungslosen Ablauf garantieren. Mein Bemühen als Seelsorger muss dahin gehen, dass möglichst viele Frauen und Männer ihr Charisma entdecken und in ihrer Gemeinde mittun, verantwortlich mittun dürfen und müssen. Natürlich liegt die Schwierigkeit darin, bei verschiedenen Gelegenheiten die passenden Leute anzusprechen und zur Mitarbeit zu gewinnen. Nur wenn viele Kirche mittragen, können die in unserer Zeit gestellten Aufgaben geschultert werden.

POW: Welche Tipps können Sie bei der Suche nach einem geeigneten Namen für die Pfarreiengemeinschaft geben?

Kunkel: Es wird wichtig sein, dass möglichst viele in der Pfarreiengemeinschaft mit diesem ihrem Namen etwas anfangen können. Wie haben wir es bei der Namensfindung gemacht? In den einzelnen Pfarrgemeinderäten wurde überlegt: „Wie soll das Kind heißen?“ Es wurde von den Mitgliedern sehr deutlich geäußert, dass sich für uns eine lokale Bezeichnung nicht so sehr eignet. Also suchten wir Heiligengestalten, die mit unserem Raum etwas zu tun haben. Verschiedene Vorschläge wurden gemacht und in der Vollversammlung – alle Mitglieder der Pfarrgemeinderäte und der Kirchenverwaltungen von Duttenbrunn, Himmelstadt und Zellingen waren dazu eingeladen – vorgestellt und begründet. Bei dem ersten „Wahlgang“ fand kein Name die überzeugende Mehrheit. Erst im dritten Durchgang überzeugte ein Name mehrheitlich: Pfarreiengemeinschaft der Frankenapostel. Diesen Weg fanden alle gut. Vielleicht ist es ein Vorschlag für andere Gemeinden.

POW: Welche besonderen Schwerpunkte sollte eine Landpastoral in den vielen kleinen Gemeinden des Dekanates Karlstadt haben?

Kunkel: Meine Erfahrung ist, dass sich gerade die kleineren Gemeinden in der Pfarreiengemeinschaft gut aufgehoben fühlen, weil sie wissen: hier erfahren wir Unterstützung, hier werden Angebote gemacht, die wir für uns allein gar nicht auf die Beine stellen können, hier können wir teilnehmen an den Überlegungen der anderen und für unsere Gemeinde fruchtbar werden lassen. Es ist allen Beteiligten klar, dass nicht die gleichen Angebote in jeder Gemeinde gemacht werden können. Jede Gemeinde muss sich mit ihrer besonderen geschichtlichen Entwicklung ernst genommen fühlen und eine gewisse Selbstständigkeit bewahren. Auch das Rotationsprinzip ist bei Veranstaltungen manchmal eine gute Lösung zur Zufriedenheit jeder Gemeinde. Dank der Mithilfe von mitarbeitenden Priestern ist es möglich, dass die Gemeinden zurzeit noch vielfältig die Liturgie feiern können.

POW: Retzbach ist der zentrale Wallfahrtsort im Dekanat Karlstadt. Welche Bedeutung kommt ihm für die Zusammenarbeit der Pfarreiengemeinschaften im Dekanat zu?

Kunkel: Sehr viele Pfarreien in unserem Dekanat haben ihren Wallfahrtstag nach Retzbach. Alte Traditionen halten diese Tage fest und werden gepflegt. Und wenn erst vor fünf oder zehn Jahren diese Wallfahrt nach Retzbach ins Leben gerufen wurde, heißt es bei den Leuten: „Es war schon immer so.“ Sicherlich ist es eine Überlegung wert, dass Pfarreiengemeinschaften einen passenden Termin suchen und sich gemeinsam auf den Weg nach Retzbach machen, um sich als pilgerndes Gottesvolk zu erleben, zusammen in Gebeten und Liedern ihre Anliegen vor Gott zu tragen. Ich denke, dass auch durch eine solche Wallfahrt die Pfarreiengemeinschaft zusammenwachsen könnte. Der Tag der Wallfahrtsorte ist der zweite Sonntag im Oktober. Vielleicht wäre gerade dieser Sonntag für die umliegenden Pfarreiengemeinschaften für eine gemeinsame Wallfahrt gut geeignet.

POW: Welche Rolle spielen die Ordensgemeinschaften in der künftigen Seelsorge im Dekanat Karlstadt?

Kunkel: In unserem Dekanat sind drei Ordensgemeinschaften zurzeit (noch) angesiedelt: Die Eucharistiner in Retzstadt, die Franziskaner in Schönau und die Kreuzschwestern in Gemünden. Sie sind ein Segen für die derzeitige Seelsorge. Die Patres helfen in den verschiedenen Gemeinden mit der Feier der heiligen Messe aus und überbrücken den grassen Priestermangel. Die Schwestern im Kreuzkloster in Gemünden leisten mit dem Gymnasium und der Realschule im Mädchenbildungswerk hervorragende Arbeit. Der gute Ruf des Mädchenbildungswerkes geht weit über unser Dekanat hinaus.

POW: Was möchten Sie am ersten Fastensonntag 2010 mit Blick auf das Dekanat Karlstadt sagen können?

Kunkel: Ich danke allen, den Pfarrern, den Frauen und Männern in den pastoralen Berufen, den Frauen und Männern in den Pfarrgemeinderäten und Kirchenverwaltungen, in den Sachausschüssen und Verbänden, die den Weg mitgegangen sind und ihre Pfarreiengemeinschaft innerlich bejahen. Wenn auch erst eine kurze Strecke zurückgelegt ist, sind doch wachsendes Verständnis füreinander und gegenseitiges Wohlwollen spürbar. Wie jeder Wachstumsprozess seine Zeit braucht, wird es auch in diesem Fall für alle nötig sein, im Miteinander der Pfarreiengemeinschaften Geduld aufzubringen. Bei allem Planen dürfen wir niemals vergessen, dass der Geist Gottes in seiner Kirche auch ganz unten wirkt, wo ihn niemand vermutet. Dieser Geist Gottes fordert alle zur Umorientierung und Neufindung heraus – nicht nur die Gläubigen in den Pfarreiengemeinschaften.

(1508/0482)