Würzburg (POW) Robert Dentler aus Würzburg ist kein gewöhnlicher Taufbewerber. Sein Glaubenszeugnis bringt selbst Priester zum Staunen. „Der Weg zum Glauben, die Suche und die Sehnsucht nach dem Glauben, das braucht mehr als nur unsere Erfahrung, unseren Geist. Der Weg zum Glauben führt durch unser Herz, braucht also einen besonderen Geist“, heißt es in seiner kleinen Rede, die er für seinen Vorstellungsgottesdienst in der Domgemeinde vorbereitet hat. Dentler hat 62 Jahre nach seiner Geburt zum christlichen Glauben gefunden. In der Osternacht möchte sich der Theologiestudent taufen lassen, voraussichtlich wird es Bischof Dr. Friedhelm Hofmann persönlich sein, der ihn am Taufbecken im Dom ganz offiziell in die Gemeinschaft der Christen aufnimmt.
Dentler ist ein sehr kommunikativer Mensch, munter plaudert er über das Thema Christsein und Kirche. Obwohl er noch nicht getauft ist, scheint bei ihm ein derart überzeugter Glaube durch, dass es einem im Säuglingsalter getauften, langjährig erprobten „Alt-Gläubigen“ fast Angst machen könnte. Dentler kann nicht verstehen, wenn Menschen Gott wegargumentieren wollen, weil Leid und Unrecht in der Welt geschieht. „Ich kann mir Gott nicht so hinbiegen wie ich es möchte. Es gibt keinen Maßstab und auch keine Privatgötter. Gott ist in allem“, erklärt er. Seit er Freunden und Bekannten gesagt hat, dass er sich taufen lassen möchte – sein „Outing“, wie er es nennt – ist Dentler eifrig dabei zu missionieren, im positiven Sinne. Ob in Gesprächen oder auch verschlüsselt in E-Mails: Dort verabschiedet er sich mit dem lateinischem Signum D.S.G. – Deo soli gloria, übersetzt „Einzig Gott zur Ehre“. Gängig war im Mittelalter und auch später die Fassung S.D.G., doch Dentler findet es schöner, wenn Deo, also „Gott“, am Anfang steht. Wer ihn nach der Abkürzung in den E-Mails fragt, bekommt bereitwillig Auskunft und erfährt dabei direkt: Dentler lässt sich taufen.
Aufgrund seiner lebendigen Art fällt die Vorstellung nicht schwer, dass Dentler als Hotelier und Gastwirt gearbeitet hat. Doch diese Tätigkeit fand ein schlagartiges Ende: Seine Mutter eröffnete ihm 2001, dass sie sich nicht mehr allein versorgen kann. Für den Sohn war es überhaupt keine Frage, dass er sich nun um seine Mutter kümmerte – zweieinhalb Jahre lang, jeden Tag, bis zu ihrem Tod. „Natürlich gab es in dieser Zeit auch viele schöne, manchmal sogar lustige Momente. Aber trotzdem war die Zeit schwer für mich und hat mich auch belastet“, erzählt er. Die Straßenbahn brachte ihn jeden Abend zurück in die Würzburger Innenstadt, und auf dem Weg zu seiner Wohnung lag der Kiliansdom. Genau dort fand Dentler seine Ruhe. Immer wieder setzte er sich in die Liborius-Wagner-Kapelle des Doms, um sich zu besinnen. „Die Kapelle wurde meine Zuflucht, und ich lernte zu beten“, erinnert er sich.
In dieser schwierigen Zeit fand er zu Gott. „Ich habe gemerkt, dass mir geholfen wurde. Und ich weiß, dass ich von Jugend an gehofft habe, ohne es zu wissen.“ Eine gewichtige Erkenntnis, die auch im Kurs der erwachsenen Taufbewerber mit Pfarrer Dr. Hermann Steinert sehr viel Eindruck hinterließ. Besonders vor dem Hintergrund, dass Dentler seit seiner Geburt nicht einmal in Kontakt mit der Kirche kam. Seine Eltern waren zwar Protestanten, hatten aber keinen Bezug zur Kirche und erzogen ihre Kinder rein humanistisch. Im Alter von 60 Jahren besuchte er zum ersten Mal eine Messe im Dom, als einem Freund die Missio Canonica verliehen wurde, die Lehrerlaubnis für den katholischen Religionsunterricht. Auf der anschließenden Feier fand das besagte „Outing“ statt. Seitdem hat sich viel verändert. Dentler hat Geschmack an der Theologie gefunden und studiert das Fach in einem Fernkurs der Katholischen Akademie Domschule.
Viele Menschen sprechen ihn an, besonders die, die Gott und der Kirche den Rücken gekehrt haben. Von Dentler erhoffen sie sich Antworten. Der Missionar ohne Taufschein gibt Auskunft, so gut er kann, denn er hat gemerkt, dass diese Menschen in ihm die Chance sehen, sich selbst Gott und der Kirche wieder zuzuwenden. Doch es gibt auch die anderen, die ihn von oben herab belächeln, die ihn nicht ernst nehmen und mit dummen Fragen löchern. Für die hat der Taufbewerber der älteren Generation eine nicht ganz ernst gemeinte, aber sehr passende Antwort parat: „Ich lasse mich taufen, weil ich Papst werden will.“
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