Haßfurt-Sylbach (POW) Zur Taufe ihrer ersten Enkelin wollte Heidi Krauß aus Haßfurt-Sylbach ein schönes Buch besorgen. Also durchstöberte sie alle möglichen Buchhandlungen. Doch es war nichts zu finden – zumindest nichts nach ihrem Geschmack. „Da habe ich mir gedacht: Das musst du schon selbst in die Hand nehmen“, erzählt die 62-Jährige augenzwinkernd. Und so entstand ihr erstes selbst gestaltetes Bilderbuch fürs Kirchenjahr mit rund 50 Seiten voller detailreicher Zeichnungen über die Geschichten und Legenden bekannter Heiliger. Das brauchte allerdings seine Zeit, zur Taufe war das Buch nicht fertig. Erst nach zwei Jahren konnte die Großmutter ihrer Enkelin das Geschenk überreichen.
„Sie hat sich sehr darüber gefreut“, erinnert sich Krauß. Auch heute noch würde die Enkelin mit Begeisterung in dem Buch blättern. Inzwischen ist sie sieben Jahre alt und hat einen vierjährigen Bruder. Und auch für ihn hat Krauß bald ein Bilderbuch fertig. „Dabei kann ich doch eigentlich überhaupt nicht malen“, sagt sie und lacht. Aber sie habe sich daran versucht – und so wie die Bücher aussehen mit Erfolg. Die Motive holt sie sich aus Heiligenbüchern oder auch aus der Bistumszeitung. Mit Bleistift zeichnet sie vor, dann greift sie zum Pinsel und Wasserfarbkasten. Sie legt Wert aufs Detail, arbeitet individuelle Gesichtszüge aus oder Feinheiten der Landschaft. Das ist mühevolle Arbeit, doch die macht sie mit Freude. Bei der Gestaltung des ersten Buches gab es aber auch einen ernsten Hintergrund. Denn in der Zeit hat Krauß ihre Mutter gepflegt. „Durch die Arbeit an dem Buch konnte ich viel auffangen und mich immer wieder stärken“, erzählt sie.
Die Heiligen gehören zu ihrem Leben einfach dazu, das fing in der Kindheit schon an. Geboren und aufgewachsen ist Krauß in Meran in Südtirol, zur Schule ging sie ins Schülerinnenheim der Maria-Ward-Schwestern, auch „Englische Fräulein“ genannt. Ihre Eltern erzählten ihr und den vier Geschwistern viele Geschichten – Märchen für Kinder, aber auch spannende Legenden von Heiligen. Sehr fasziniert ist sie zum Beispiel von den Geschichten des Heiligen Michael oder des Heiligen Christophorus. Der Schutzheilige aller Reisenden und Helfer gegen einen plötzlichen Tod soll einer Legende nach als Einsiedler gelebt und mit seiner riesenhaften Gestalt Menschen über einen Fluss getragen haben. Einmal sei das Jesuskind Christophorus erschienen, das er auf den Schultern getragen und zum anderen Ufer gebracht haben soll. Krauß kennt die Kraft, die von dem Riesen ausgeht: „Man braucht nur am Morgen ein Bild vom Christophorus zu sehen, dann geht es einem den ganzen Tag gut .“ Ihr Lieblingsheiliger ist und bleibt aber der Heilige Nikolaus. Oft erzählten die Eltern ihrer Tochter die Legenden, die sich um den Bischof von Myra ranken, zum Beispiel die mit den drei goldenen Kugeln. Indem der Nikolaus diese Kugeln an drei Schwestern verschenkte, verhinderte er, dass der arme Vater sie als Kurtisanen verkaufte. In einer Version der Legende soll er die Kugeln durch den Kamin geworfen haben. Die Bräuche der nächtlichen Bescherung zum Nikolaustag oder an Weihnachten gehen auf diese Geschichte zurück, und in vielen Darstellungen ist der Bischof mit drei goldenen Kugeln abgebildet.
Dass sie sich so für die Heiligen begeistert, liegt auch daran, dass die Familie viel Wert auf altes Brauchtum und Tradition legte und so manche Legende im Alltag lebendig wurde. Noch heute hat Krauß ganz deutlich die stürmischen Nächte in den Bergen in Erinnerung. Im Sommer zogen die Kinder mit der Mutter für vier Monate in die Höhe, um der Hitze zu entfliehen. Und wenn dann mal ein heftiger Gewittersturm aufzog, es laut donnerte und der Wind ums Haus heulte, wurden einige Kräuter aus dem Bündel im Herrgottswinkel herausgezupft und mit einer geweihten Kerze angezündet. Die Kräuter stammten von der Weihe an Mariä Himmelfahrt und sollten durch die Verbrennung bei Gewitter vor Blitzschlag schützen. Ob Maria, Michael, Nikolaus oder Christophorus – sie alle haben das Leben von Heidi Krauß stark geprägt: „Die Heiligen haben ein Leben in der Nachfolge Jesu geführt, das nachahmenswert ist und uns allen ein gutes Beispiel sein sollte“, sagt sie. Besonders für Kinder können ihrer Meinung nach die Geschichten von Heiligen eine große Hilfe sein, um sich zu orientieren und im Glauben zu wachsen. Sie weiß es – aus eigener Erfahrung.
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