Würzburg (POW) Mit dem Thema Franken und die Weltmission im 19. und 20. Jahrhundert hat sich die Jahresversammlung des Würzburger Diözesangeschichtsvereins am Freitag, 9. Oktober, in der Neubaukirche sowie der Studientag am Samstag, 10. Oktober, im Diözesanarchiv Würzburg auseinander gesetzt. Im Festvortrag blickte Volkskundler Professor em. Dr. Wolfgang Brückner (Würzburg) auf „Die Aufnahme des Missionsgedankens im fränkischen Volk“. Aus der Hand von Professor Dr. Dr. Dieter Feineis, stellvertretender Vorsitzender des Diözesangeschichtsvereins, nahm Bischof Dr. Friedhelm Hofmann den 71. Band der Würzburger Diözesangeschichtsblätter entgegen. Stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Eva-Maria Linsenbreder hob in ihrem Grußwort hervor, wie wichtig die regionale Geschichtsforschung sei. „Die Gegenwart ist nur verständlich, wenn man die Vergangenheit kennt.“ An der Veranstaltung nahm auch Universitäts-Vizepräsident Wolfgang Riedel teil.
Bischof Hofmann wies in seinem Grußwort auf den besonderen Charakter der Tagung hin, die in Zusammenarbeit mit dem Referat „Mission EineWelt“ der Evangelisch-Lutherischen Kirche durchgeführt wurde. „Es gibt keine Mission ohne Confessio, ohne ein von der ganzen Existenz getragenes Bekenntnis zu Christus, seiner Frohen Botschaft und Erlösung“, betonte der Bischof. Es verlange viel Gottvertrauen, in die Fremde aufzubrechen. „In dieser Hinsicht können uns die Missionarinnen und Missionare aller Konfessionen und Jahrhunderte Vorbilder sein.“
Der künftige Domdekan Monsignore Günter Putz, Vorsitzender des Klerusvereins der Diözese Würzburg, warb für das Buch „Diener im Weinberg des Herrn“. Der Band enthält 47 Lebensbilder von Priestern aus den sieben bayerischen Diözesen, aus dem Bistum Speyer sowie aus den Diözesen Dresden-Meißen, Görlitz, Rottenburg-Stuttgart und Freiburg. Es werden Priester des 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts vorgestellt, die bisher nicht so sehr im Vordergrund standen, aber dennoch an ihrem Platz Bedeutendes geleistet haben. Aus dem Bistum Würzburg sind vertreten (jeweils Angabe mit Autor): Pfarrer Karl Josef Barthels 1907-1990 (Simone Schmidt), Pfarrer Robert Kümmert 1909-1991 (Carolin Bischof), Domkapitular Heinrich Leier 1876-1948 (Christoph Weißmann), Monsignore Dr. Max Rößler 1911-1992 (Ulrich Bausewein) sowie Prälat Josef Schönauer 1894-1984 (Katrin Schwarz).
Professor Feineis vertrat den Vorsitzenden Professor Dr. Wolfgang Weiß, der aufgrund eines Trauerfalls nicht an der Jahresversammlung teilnehmen konnte. Feineis bedauerte, dass es nicht mehr selbstverständlich sei, dass alle Priester und hauptamtlich im Dienst der Diözese Würzburg Beschäftigten Mitglied im Diözesangeschichtsverein seien. Aktuell zähle der Verein 525 Personen und 66 Institutionen als Mitglieder.
Professor Brückner zog in seinem Vortrag eine Parallele zwischen der Kolonialisierung und der Missionierung. In den Kolonien verlief die Akkulturation der so genannten Wilden über deren europäisierende Christianisierung, Medikalisierung, Alphabetisierung und Militarisierung. „Zumindest afrikanische Kolonialgeschichte gehörte mithin zum Wissensgrundbestand eines gebildeten Deutschen, und erst von solchen bewusstseinsmäßigen Selbstverständlichkeiten aus wird erklärbar, warum auch kirchlicherseits bei Katholiken wie Protestanten die damit in Zusammenhang stehenden Missionsaktivitäten jedermann bekannt waren, sich die Öffentlichkeit der Druckmedien dafür interessierte und das Fernweh, ja die Abenteuerlust erregte zu einer Zeit, die keine Möglichkeit der Weltreisen für kleines Geld kannte.“ Fast unüberschaubar, aber kaum archiviert seien die Printmedien für Werbung, Andachtseinführungen, Erfolgsinformationen, Förderbetreuungen. Pater Maximilian Kolbe zum Beispiel habe umfangreiche Druckzentren für seinen „Kreuzzug der Unbefleckten Jungfrau Maria“ eingerichtet und weilte aus diesem Grund auch im Franziskanerkloster Würzburg, um bei der Firma „Koenig & Bauer“ eine Druckmaschine zu bestellen.
„Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden vielerorts die Erstkommunionkinder in toto in den ‚Kindheit-Jesu-Verein‘ aufgenommen oder durch den Pfarrer überführt, um hoffentlich ein Leben lang für die Heidenmission engagiert zu bleiben“, erklärte Brückner. Für Erwachsene gab es in Bayern den „Ludwig-Missionsverein“. Die Jesuiten pflegten, um die Mission zu fördern, eine eigene Theater-Tradition. „Wir wüssten natürlich gerne genauer, wann und wo, eventuell auch in der Diözese Würzburg, Aufführungen jener Art stattgefunden haben, aber das lässt sich nur vor Ort klären oder durch Zufallsfunde in der kirchlichen Presse.“ Wie Brückner betonte, mussten die Missionsorden im Bistum – wie zum Beispiel die Münsterschwarzacher Missionsbenediktiner, die Mariannhiller Missionare oder auch die Pallottiner in Untermerzbach – ihre eigene Förderklientel aufbauen, unter anderem mit Weihnachts-Bitt-Briefen vom „kleinen Negerlein“.
Beim Studientag am Samstag, 10. Oktober, erläuterten namhafte Referenten wie Jesuitenpater Professor Dr. Klaus Schatz, Ordinarius für Kirchengeschichte an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, oder Professor Dr. Andreas Nehring, Inhaber des Lehrstuhls für Religions- und Missionswissenschaft an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen, anschaulich im Überblick die Geschichte der Mission aus katholischer wie evangelischer Perspektive. In drei weiteren Sektionen, die Strukturen und Institutionen der Mission, das missionarische Wirken von Einzelpersönlichkeiten und Kreisen sowie die Wahrnehmung der Missionstätigkeit in der Fremde und in Franken thematisierten, gingen Wissenschaftler und Ordensvertreter auf missionarisch tätige Protagonisten und Pioniere aus Franken und ihre Verankerung in Staat und Gesellschaft ein. In interkonfessioneller Perspektive eröffneten die Referenten weite Horizonte, die Brücken zwischen der fränkischen Region und fernen Kontinenten schlugen. Dabei stützten sie sich auf neue Quellenbestände zur Missionsgeschichte in Franken. Professor Weiß, Vorsitzender des Würzburger Diözesangeschichtsvereins, konnte am Ende der Tagung zufrieden auf eine fundierte und aufschlussreiche Vortragsreihe blicken, die seiner Ansicht nach „erste Schneisen in das Dickicht“ eines bislang unbearbeiteten, wichtigen Forschungsfeldes geschlagen habe.
(4209/1178; E-Mail voraus)
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