Bad Kissingen/Eichstätt (POW) Stolz lächeln die 21 Absolventen auf dem offiziellen Abschlussfoto in die Kamera. Und stolz dürfen sie sein, denn sie sind die ersten in Deutschland, die den Master-Studiengang „Wertorientierte Personalführung und Organisationsentwicklung“ – offizielle englische Bezeichnung „Master of Ethical Management“ – mit Erfolg hinter sich gebracht haben. Das Studium an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt ist bisher in Deutschland einzigartig. Mitten unter den Managern, Angestellten, Selbständigen oder Beamten steht Bernd Keller, Gemeindereferent in Bad Kissingen, als erster Absolvent aus dem Bistum Würzburg. Auch er hat die Prüfungen geschafft, jetzt muss er seine Master-Abschlussarbeit schreiben. Für die hat der 35-Jährige ein Semester drangehängt, sonst wäre es ihm zu stressig geworden.
„Das ging schon an die Substanz“, sagt Keller. Er sitzt im Pfarrheim in Bad Kissingen und blättert durch seine Zeugnisse. Der Aufbaustudiengang ist berufsbegleitend und verteilt sich auf zwei Jahre. Zugelassen werden nur Frauen und Männer mit fünf Jahren Berufserfahrung. In den Seminaren geht es um christliche Grundwerte, das christliche Menschenbild und Spiritualität – angewandt auf Personalführung und Organisation. Da die Kurse komprimiert an Wochenenden oder in den Ferien stattfinden, bleibt kaum Zeit für die Familie oder Hobbys. Doch Keller hat sich durchgebissen, und jetzt ist er froh, das Studium durchgezogen zu haben.
Nur zwei der 21 Absolventen arbeiten im kirchlichen Bereich, Keller war einer davon. Im Studiengang war die Kirche kein Thema. Doch das fand Keller nicht schlimm – ganz im Gegenteil. „Eigentlich war das genial“, sagt er. „Denn dadurch war ich zu einem Perspektivenwechsel gezwungen.“ Ohne Probleme konnte er die erlernten Inhalte auf die kirchliche Praxis übertragen – mit sehr hilfreichen Ergebnissen. „Als Gemeindereferent habe ich gemerkt, wie schnell man gerade bei seelsorgerischen Tätigkeiten zum Beispiel aufgrund von Zeitmangel an Grenzen stößt“, erklärt Keller. „Für mich war deswegen immer eine Frage ganz wichtig: Wie kann die Kirche im Auftrag Gottes trotzdem bei den Menschen bleiben?“ Die Pfarreiengemeinschaften seien ein gutes Beispiel dafür, welchen Herausforderungen sich die Kirche in Zukunft stellen müsse. Immer weniger Priester kümmern sich um immer mehr Gemeinden und Gläubige, ähnlich die Tendenz bei den Ehrenamtlichen. Da wandelten sich fleißige und engagierte Mitarbeiter schnell zu frustrierten Kritikern.
Die Leitungskräfte in der Kirche stünden vor einer schwierigen Aufgabe: „Sie müssen in den Gemeinden eine gute Atmosphäre schaffen, wo möglichst viele eine Aufgabe finden und sich beteiligen können“, sagt Keller. Wichtig sei, nicht die Person, sondern Christus und die Frohe Botschaft in den Mittelpunkt zu stellen. „Wer erkannt hat, dass er nur der Bote ist und nicht die Botschaft, entlastet sich sehr. Man darf sich selbst einfach nicht so wichtig nehmen.“
Jeder einzelne müsse sich fragen, was er leisten kann, und sich auch nicht zuviel zumuten. Es gelte die Balance und jeden Tag neu sein inneres Gleichgewicht zu finden. Nach Meinung von Keller stimmt es einfach nicht, dass es in einer Gemeinde nicht genügend Freiwillige für bestimmte Aufgaben gibt. Das Problem bestünde eher in der Aufgabenverteilung. Wer einen Posten abgibt, macht Platz für andere – ein einfaches Prinzip. Natürlich blieben da auch schon mal Posten vakant, doch das müsse eine Gemeinde aushalten können. „Darum ist es besonders wichtig, früh genug in die Zukunft zu schauen“, sagt Keller. „Die Leitungskräfte müssen kontinuierlich vorausplanen.“ Nur so könne gewährleistet werden, dass stetig Nachwuchskräfte da sind, die die Aufgaben von anderen übernehmen können.
Keller hat noch viele Tipps auf Lager, die er gerne loswerden möchte, doch der „Kontaktpunkt“ in der Bad Kissinger Innenstadt wartet. Keller ist Projektleiter der Einrichtung der Citypastoral mit fast 40 ehrenamtlichen Mitarbeitern. Dort kann er im Kleinen umsetzen, was er in Eichstätt gelernt hat. Und das ist genau das, was er wollte: Sich weiter qualifizieren und fit machen für die Zukunft, in der es für die Seelsorge sicher nicht leichter werden wird.
Hinweis: Bernd Keller ist gerne bereit, Pfarrgemeinderäte zu informieren und zu beraten: Telefon 0971/69982814.
(4507/1531; E-Mail voraus)
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