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„Ohne diese Hilfe wäre ich nicht mehr am Leben“

Aktion „Heim danke“ der katholischen stationären Jugendhilfeeinrichtungen: Ehemaliges Heimkind dankt für professionelle Betreuung in Sankt Josef

Würzburg (POW) „Heim danke“ – unter diesem Slogan wollen die katholischen stationären Jugendhilfeeinrichtungen in Bayern ihr Bild in der Öffentlichkeit verbessern. Beispiel Susanne W., ein ehemaliges Heimkind: Als Kind hatte Susanne schwere Jahre mitgemacht, verlor eine Schwester durch Unfall, bekam zwei Suizide in ihrer Familie mit und wurde von einem Familienmitglied sexuell missbraucht. Mit 13 Jahren kam sie in das rettende Therapeutische Heim Sankt Josef in Würzburg, wohnte dort bis zum 16. Lebensjahr und wechselte dann für zwei Jahre in eine Außenwohngruppe.

„Ich war kein leichter Fall“, betonte die heute 28-jährige Frau bei einem Pressegespräch im Überregionalen Beratungszentrum des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Würzburg. Sie kann offen über ihre Vergangenheit reden – ihre Zeit im Heim sieht sie nicht als Stigma. Trotz professioneller psychotherapeutischer Hilfe litt sie lange unter Essstörungen und Depressionen, machte einen Suizidversuch und brach eine Ausbildung ab. „Ohne diese Hilfe wäre ich nicht mehr am Leben. Sie haben mir hier die Tür aufgehalten, aber durchgehen musste ich selber“, beschrieb sie ihren damaligen Seelenzustand. Durch diese Tür ist sie gegangen, heute arbeitet sie als Arzthelferin in Würzburg.

„Die Geschichte der stationären Heimerziehung in Unterfranken ist eine Erfolgsgeschichte“, berichtete Dr. Norbert Beck. „Zirka 80 Prozent aller Maßnahmen ermöglichen später eine Zusammenführung der Familie.“ Als alleiniges Erfolgskriterium dürfe dieser Faktor jedoch nicht gelten. Beck leitet das Therapeutische Heim Sankt Josef in Trägerschaft des SkF und hat Susanne W. viele Jahre betreut. In ihrem Fall wäre eine Rückführung in die Familie nicht gut gewesen. Sankt Josef hat 52 Plätze für Kinder und Jugendliche vom sechsten bis zum 21. Lebensjahr. Eine enge Vernetzung mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Würzburg sichert den Pädagogen und Psychologen jederzeit medizinische Hilfe. „Moderne Heimerziehung ist heute etwas ganz anders als vor 30 Jahren“, unterstrich Beck im Hinblick auf immer wieder aufkommende Horrorgeschichten aus Kinderheimen früherer Jahre. Auch die hohen Kosten der stationären Jugendhilfe sorgten oft für Ablehnung in der Öffentlichkeit. Die Arbeit ist extrem personalintensiv, 83 Prozent der Kosten sind Personalkosten. Diese hohen Kosten rechneten sich jedoch, sagte Beck. Aufgrund bundesweiter Untersuchungen sei es bekannt, dass jeder investierte Euro ein Mehrfaches späterer Hilfsmaßnahmen erspare.

Die Landschaft der stationären Jugendhilfe reicht in Unterfranken von Kinderdörfern über stationäre Heimerziehung bis hin zu Häusern, die viele Ausbildungsberufe anbieten. 959 stationäre Plätze mit einer 95-prozentigen Belegungsquote gibt es in Unterfranken, rechnete Peter Kiesel von der Heimaufsicht der Regierung von Unterfranken vor. Fast die Hälfte befände sich in Trägerschaft katholischer Einrichtungen. Die Kosten variierten je nach Art der Maßnahme zwischen 104 und 168 Euro pro Tag und Platz. „In Einzelfällen können sie sogar 260 Euro betragen.“ Die Zahl der Plätze habe sich in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert, wohl aber ihre Einstufung. Denn immer mehr Kinder benötigten aufgrund schwerer Störungen intensive Betreuung in heilpädagogischen und therapeutischen Einrichtungen. Die Verwahrlosung vieler Kinder habe in erschreckendem Maß zugenommen.

Ein gute Zeugnis stellte Bernd Adler, Leiter des Allgemeinen Sozialdienstes vom Landratsamt Kitzingen, der Heimunterbringung aus. Ihr schlechtes Image findet er nicht gerechtfertigt. Bei Einweisungen, die – um erfolgreich zu sein – im Schnitt mindestens zwei Jahre betragen müssten, suchten die Jugendämter nach Möglichkeit die Mithilfe und Zustimmung der Eltern. Als Risikogruppen bezeichnete Adler Familien mit Sucht-, Gewalt- oder Drogenproblematiken und auseinandergebrochene Familien, in denen sich ein Elternteil um mehrere Kinder kümmern muss. Werden die Kinder auffällig, kommen die ersten Informationen oft von den Schulen. Jugendämter erleben immer wieder den Spagat zwischen einer zu späten und zu frühen Einweisung. „Im Nachhinein ist man immer klug“, sagte Adler. „Ein gewisses Spannungsfeld lässt sich dabei nicht auflösen. Stationäre Fremdunterbringungen befürworten wir daher meist erst dann, wenn ambulante Hilfe wie zum Beispiel sozialpädagogische Betreuung und Erziehungsberatungen nicht mehr wirken.“

Die Imagekampagne unter dem Dach des Landesverbands katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen in Bayern e.V. steht unter Schirmherrschaft des ehemaligen bayerischen Landtagspräsidenten Alois Glück. Sie habe viele Berührungspunkte mit dem aktuellen Jahresthema der Caritas, „Achten statt ächten“, bei dem es um die Wertschätzung von Jugendlichen aus schwierigen Verhältnisse gehe, betonte Domkapitular Dietrich Seidel, Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes. Er begrüße diese Initiative daher sehr.

(4408/1289; E-Mail voraus)

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