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Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Karfreitag, 21. März 2008, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

liebe Mitbrüder im Bischofs-, Priester- und Diakonendienst,

O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn,

o Haupt, zum Spott gebunden mit einer Dornenkron…“ – Wer könnte besser unsere heutige Gefühlslage ausdrücken als dieses Lied, dessen Text von Paul Gerhards 1656 nach einer älteren Vorlage geschrieben wurde und das nach einer 1601 von Hans Leo Haßler geschaffenen Melodie vertont wurde? (Gotteslob Nr. 179)

Die soeben vernommene – und gleichsam miterlebte – von Johannes aufgeschriebene Passion hat uns die dramatische Abfolge vor Augen geführt: Die Verhaftung durch die Soldaten und Gerichtsdiener der Hohenpriester und der Pharisäer – das demütigende Verhör vor Hannas, dem Schwiegervater des amtierenden Hohenpriesters Kajaphas – die peinliche Verleugnung durch Petrus – das frühmorgendliche Verhör vor dem Prätorium und die Verurteilung durch Pilatus – die Kreuzigung Jesu auf der sogenannten Schädelhöhe, sprich Golgota, mit der am Kreuz befestigten Begründung seiner grausamen Hinrichtung: „Jesus von Nazaret, der König der Juden“ – und schließlich die Bestattung seines Leichnams in einem ganz neuen Grab nahe bei der Kreuzigungsstätte.

Welch anrührendes, leidvolles Geschehen im Zeitraffer. Für Jesus war jede Minute, jede Sekunde zeitdehnender Schmerz. Wir alle kennen schon in harmloseren Bereichen die Situation, wenn die Zeit nicht vergeht und wir die Uhr am liebsten vordrehen würden. Wie erdrückend schwer können Minuten werden.

Romano Guardini versuchte eindrucksvoll dieses Geschehen zu erfassen: „Was da geschieht, ist so schrecklich, dass man fliehen möchte, um es nicht mitansehen zu müssen. Wie sie ihn annageln und das Kreuz aufrichten…Aber ich habe kein Recht fortzulaufen, ich muss hier bleiben. Für mich leidet er…Nun kann er nichts mehr tun, als still hängen und aushalten … Drei Stunden lang duldet Jesus.“ (Lesebuch der Lebensweisheit. Grünewald 2006, 36)

In der christlichen Kunst wurde und wird dieses Thema der Kreuzigung immer wieder gestaltet und uns – gleichsam mit den Augen des Künstlers gesehen – vorgestellt. Es gibt erschütternde Beispiele, angefangen von dem mit einem Eselskopf ausgestatteten Gekreuzigten in einer frühchristlichen Sgrafitti-Zeichnung auf dem Palatin in Rom – über einen mit Uhrzifferblatt als Haupt versehenen Christus bei Marc Chagall bis hin zu einem nicht mehr im einzelnen erkennbaren verquollenen Gesicht des Schmerzensmannes bei Cestmir Janocsek.

Zurzeit können wir in unserem Museum am Dom zwei Figuren des Gekreuzigten aus der Neumünsterkirche ganz aus der Nähe sehen. Es sind der bestürzend lebensecht aussehende Kruzifixus mit echten Haaren und Dornen aus dem 15. Jahrhundert und der Mitte des 14. Jahrhunderts in Würzburg geschaffene Schmerzensmann. Besonders beeindruckend ist dabei Christus, der seine Arme vom Querbalken des Kreuzes gelöst hat und sie so vor seinem Leib verschränkt, als wolle er den Betrachter umarmen. In den Händen stecken noch die aus dem Holz heraus gelösten Nägel.

Kann man sich eine eindrucksvollere sensible Geste des Gekreuzigten vorstellen?

„O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn, o Haupt, zum Spott gebunden mit einer Dornenkron, o Haupt, sonst schön gekrönet, mit höchster Ehr und Zier, jetzt aber frech verhöhnet: gegrüßet seist du mir.“ (GL 179)