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Provokation der christlichen Botschaft

Erster Abend der Ringvorlesung „Was treibt die Theologie?“ stößt auf reges Interesse – Altes Testament und Christliche Sozialwissenschaft im Dialog

Würzburg (POW) Auf reges Interesse ist der erste Abend der Würzburger Katholisch-Theologischen Fakultät zum Thema „Was treibt die Theologie?“ gestoßen. Vor mehr als 70 Zuhörerinnen und Zuhörer stellten der Alttestamentler Theodor Seidl und der Sozialwissenschaftler Gerhard Droesser am Mittwoch, 5. Mai, aktuelle Themen und Schwerpunkte ihrer Fächer vor.

Ist Theologie Wissenschaft? Diese Frage, die im Wintersemester von Dietmar Willoweit und Wolfgang Frühwald aus der Außenperspektive mehrfach gestellt worden war, beantwortete Professor Seidl in seinem Vortrag „Textwissenschaft – Religionsgeschichte – Bibeltheologie? Das Alte Testament im Widerstreit der Methoden und Disziplinen“ für sein Fach mit einem dezidierten und uneingeschränkten „Ja“. Seidl stellte zunächst die zentralen Methoden und Fragestellungen seiner Disziplin vor und betonte dabei besonders die diachrone Zugangsweise. Er plädierte vehement für ein Verständnis der Exegese als Textwissenschaft. Als solche sei sie stets auch theologische Wissenschaft. Unverzichtbar für die Interpretation biblischer Texte seien zudem die Religionsgeschichte und deren Erkenntnisse über Geschichte, Gesellschaft, Literatur und Religionen des Alten Orients. Eine klare Absage erteilte der Alttestamentler, der mit Ende des Sommersemesters in Ruhestand tritt, einer reinen Bibeltheologie, da sie sich letztlich einer a-historischen Hermeneutik bediene. Anhand einiger Beispiele zeigte Seidl, wie das Alte Testament durch seine Forschungen andere Disziplinen befruchte: „Das Alte Testament könnte, als Textwissenschaft betrieben, noch viel Licht in manches Dunkel der Theologie bringen.“

Als zweiter Referent des Abends stellte anschließend der Sozialethiker Professor Gerhard Droesser in seinem Vortrag „Erkenntnis des Sozialen als Bildung der Persönlichkeit“ den hermeneutischen Ansatz und Grundfragen des Faches Christliche Sozialwissenschaft vor. Im Sinne einer Sozialhermeneutik stelle die Sozialethik immer auch die Frage, welche Rolle der sozial Andere bei der individuellen Lebensdeutung und Selbstkonstruktion des Einzelnen spiele. Subjekt der Sozialethik sei der denkende Mensch, der sich Klarheit über seine Selbstauffassung verschaffe. Das Verhältnis des Einzelnen zum Anderen könne dabei nur auf einer Haltung der Toleranz basieren. Es sei die eigentliche Provokation der christlichen Botschaft, dass sie den einzelnen Menschen ernst nehme.

Die Gelegenheit zu Nachfragen und kritischen Anmerkungen wurde in den anschließenden Diskussionen rege genützt. Gegen Ende wurde dabei auch nach der Angewiesenheit der Sozialethik auf das alttestamentliche, im Jahwe-Glauben gründende Ethos gefragt, etwa die Sozialkritik der Propheten. Bei aller Unterschiedlichkeit der Fächer wurde so auch das Verbindende deutlich. In seiner Begrüßung hatte zu Beginn der Veranstaltung Professor Stephan Ernst die Bedeutung der Theologie für Gesellschaft und Kirche, aber auch für Universität und Wissenschaft betont. Sie stelle eine „Universität im Kleinen“ dar, weil der christliche Glaube die Wirklichkeit im Ganzen betreffe, und sei als solche gut in die Universität im Großen eingebunden.

Die Ringvorlesung wird am Mittwoch, 19. Mai, um 19.15 Uhr fortgesetzt. Dann präsentieren Professor Dominik Burkard und Professor Heribert Hallermann ihre Disziplinen Kirchengeschichte und Kirchenrecht und bringen sie miteinander ins Gespräch.

(36 Zeilen/1910/0628; E-Mail voraus)