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Rastlos und restlos bis zuletzt

Würzburger Ehrendomherr Altbischof Ignacy Jeż bei Aufenthalt in Rom gestorben – Großer Einsatz für die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen – Als Häftling von 1942 bis 1945 im Konzentrationslager Dachau

Würzburg/Koszalin (POW) „Rastlos und restlos“ war er bis zuletzt für die Kirche und für die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen im Einsatz. So mag es auch nicht verwundern, dass er im Alter von 93 Jahren nach einer Wallfahrtsmesse in der Basilika Santa Sabina all’Aventino in Rom starb: Ignacy Jez, Altbischof von Koszalin-Kolobrzeg (Köslin-Kolberg) und Ehrendomherr an der Würzburger Kathedralkirche, ist am Dienstagmorgen, 16. Oktober, nach einem Schwächeanfall in Rom gestorben.

Ignacy Jeż wird am 31. Juli 1914 im Bezirk Mielec in der Diözese Tarnów geboren und wächst in Kattowitz auf. Am 20. Juni 1937 weiht ihn Bischof Stanislaw Adamski in Kattowitz zum Priester. Danach wirkt Jeż als Kaplan in Hajduki Wielkie. Am 17. August 1942 verhaftet ihn die Gestapo. Grund: Er wird beschuldigt, eine Kundgebung organisiert zu haben – in Form eines Trauergottesdienstes für den in Dachau ermordeten Dekan Józef Czempiel, den Pfarrer seines Wirkungsortes. Am 7. Oktober 1942 wird Jeż in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert und bleibt dort bis zur Befreiung durch die Amerikaner am 29. April 1945. „Die Begrüßung im Lager war furchtbar. Schon am Eingang Schreie, Schläge, Fußtritte. Das war die normale Behandlung. Wir mussten alle unsere Sachen abgeben. Sie blieben auf dem Appellplatz. Nackt wurden wir in die Bade-Baracke gejagt“, schreibt er in seinen Erinnerungen. Die Zeit der Typhus-Epidemien bleibt ihn als die schrecklichste im Gedächtnis. Doch Jeż stellt während der Haft auch fest, dass nicht alle Deutschen gleich sind. Neben den SS-Leuten und den Kapos der Arbeitskommandos gibt es deutsche Häftlinge und Priester, „die wie wir Polen gelitten haben“. Und er sucht den Kontakt zu inhaftierten Deutschen, beispielsweise zu Pater Josef Kentenich und seiner Schönstattbewegung. Jeż spürt, dass die Gefangenen Priester brauchen. Er nimmt die Beichte ab, betet mit Häftlingen. „Wenn man alles zusammennimmt, waren die Jahre in Dachau schrecklich. Es gab sehr viel Böses, aber ich kann nicht sagen, dass es nichts Gutes gegeben hätte. Das wäre nicht gerecht“, sagt er rückblickend.

Nach dem Krieg betreut Jeż zunächst verschleppte und gefangene Polen in Deutschland, die nicht sofort zurück in die Heimat können. Erst im Mai 1946 kehrt er nach Polen zurück und wirkt als Seelsorger, Religionslehrer und Direktor eines Knabenseminars. 1960 wird er Weihbischof in Gorzów/Landsberg an der Warthe. Kardinalprimas Stefan Wyszyński weiht ihn am 5. Juni 1960 im Dom von Gorzów zum Bischof. 1962 nimmt Bischof Jeż am Zweiten Vatikanischen Konzil teil. 1972 wird er Bischof der neue Diözese Köslin-Kolberg an der polnischen Ostseeküste. 20 Jahre setzt sich Bischof Jeż dort für den Aufbau der Diözese ein und kämpft für die Errichtung von rund 100 Pfarrgemeinden. 1992 wird er von diesen Aufgaben aus Altersgründen entpflichtet. Auch im Ruhestand ist Bischof Jeż bis zu seinem Tod aktiv: Er gibt Exerzitien für polnische Priester im Ausland. Im Bistum Köslin übernimmt er Firmungen und begleitet Pilgerfahrten.

Aus seiner Lebensgeschichte heraus engagiert sich Bischof Jeż zeitlebens als Brückenbauer, der Deutsche und Polen nach einer leidvollen Geschichte einander näher bringt. Nicht die Vergangenheit sei aufzurechnen. Vielmehr seien Perspektiven für eine gemeinsame Zukunft in der Kraft des verbindenden Glaubens aus einer vertieften Erinnerung heraus zu entwickeln, sagt er. Was sich die polnischen und die deutschen Bischöfe 1965 gegenseitig zusprechen, klingt im Leben von Bischof Jeż und auch nach seinem Tod fort: „Wir strecken unsere Hände zu Ihnen hin, gewähren Vergebung und bitten um Vergebung“, schreiben die polnischen Bischöfe am 18. November 1965 während des Konzils an die deutschen Amtsbrüder. Wenige Tage später antworten diese: „Mit brüderlicher Ehrfurcht ergreifen wir die dargebotenen Hände. Der Gott des Friedens gewähre uns auf die Fürbitte der Königin des Friedens, dass niemals wieder der Ungeist des Hasses unsere Hände trenne!“

Zahlreiche Würdigungen versuchen, das reiche Wirken von Bischof Jeż zu ehren: Bischof Dr. Paul-Werner Scheele ernennt Bischof Jeż 2002 auf Vorschlag des Domkapitels zu Würzburg zum Ehrendomherrn an der Kathedralkirche zu Würzburg. „Wir sind uns bewusst, dass Ihre Aufnahme in die Gemeinschaft der Brüder des heiligen Kilians weniger eine Auszeichnung für Sie, sondern vielmehr eine Ehre für uns darstellt“, sagt Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand bei der Überreichung der Ernennungsurkunde. Die Bundesrepublik Deutschland ehrt das Lebenswerk des polnischen Bischofs 2005 mit der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Anlässlich seines 70. Priesterjubiläums im Juni 2007 wird der Bischof schließlich mit der höchsten Klasse des Ordens „Polonia Restituta“ der Polnischen Republik, mit dem Großkreuz des „Ordens der Wiedergeburt Polens“ ausgezeichnet.

„Ich bin froh, dass Bischof Jeż heute noch mitwirkt. Er muss täglich nicht mehr zu fünf Firmungen, aber sein Lächeln brauchen wir auch in den kommenden Jahren“, betont der neue Hoffnungsträger in der Kirche Polens, Warschaus neuer Erzbischof Kazimierz Nycz, bei der Feier im Juni 2007. Bischof Jeż wünscht sich damals, dass ihn der liebe Gott noch einige Zeit auf der Erde lasse. Die Menschen quittieren den Wunsch mit dem Lied: „Sto lat!“ – „Viele Jahre!“ Es sind nur noch vier Monate geworden – diese aber hat Bischof Jeż, wie sein ganzes, reiches Leben, bis zum letzten Atemzug rastlos und restlos für die Verkündigung der Frohen Botschaft eingesetzt.

Hinweis: Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand und Dr. Marian Subocz haben die Erinnerungen von Bischof Jeż an die Zeit im Konzentrationslager Dachau unter dem Titel „Licht und Dunkel, preiset den Herrn!“ in diesem Jahr neu und erweitert herausgegeben. Das Buch ist erhältlich im Bischöflichen Ordinariat Würzburg, Generalvikariat, Domerschulstraße 2, 97070 Würzburg, Telefon 0931/386221.

(4207/1443; E-Mail voraus)

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