Würzburg (POW) Wie schmücken Sie Ihren Christbaum? Und wer darf wann was an den viel besungenen Tannenbaum hängen? Für Gudrun Wirths vom Malerwinkelhaus in Marktbreit ist die Antwort ganz klar: „Der Christbaum wird an Heiligabend von den Vätern geschmückt. Das Wohnzimmer ist dabei streng verriegelt.“ Was die Väter – und sicher auch viele Mütter – dann aber an den Christbaum hängen, ist je nach Zeitgeschmack verschieden. Die von Wirths konzipierte Ausstellung „Es glitzert und funkelt: Historischer Christbaumschmuck aus Privatbesitz“ in der Kelterhalle des Mainfränkischen Museums in Würzburg zeigt bis 27. Januar 2008, was seit 150 Jahren alles an die Christbäume gehängt wurde.
Ob man unbedingt mit kleinen Handys, Mini-ICEs und einen Plastik-PC in Miniaturausführung den Baum schmücken sollte, darf hinterfragt werden. Scheinbar war dies aber als Millenniumsschmuck im Jahr 2000 in manchen weihnachtlichen Wohnzimmern zu finden. In der Sonderausstellung bildet dieser so sonderbar geschmückte Trendbaum der Jahrtausendwende den Abschluss eines Gangs durch eine über 150-jährige Geschichte des Christbaumschmucks. Eines war zu allen Zeiten wichtig: Der Baum musste reichlich geschmückt sein.
Erst im 19. Jahrhundert wurde der mit Kerzen geschmückte Baum in deutschen Landen zum wichtigen Symbol für das Weihnachtsfest. Zunächst nur Privileg der Wohlhabenden, setzte sich der Christbaum endgültig in Folge des deutsch-französischen Kriegs 1870/1871 durch: Die Soldaten brachten den Brauch aus den geschmückten Lazaretten und Kasernen mit nach Hause. Hängte man zunächst Essbares an den Baum, so setzte sich bald immer stärker alles als Christbaumschmuck durch, was glitzerte und funkelte. Der Baum wurde üppig und bunt geschmückt und spiegelte Zeitgeschichte und Zeitgeschmack wider.
Lauscha in Thüringen und Gablonz in Böhmen sind Namen für die Herkunft traditionellen Christbaumschmucks. Im Thüringer Wald fertigten arme Handwerker in ihren Stuben ab 1848 Glaskugeln und Formglasschmuck wie gläserne Tannenzapfen und Reflexkugeln. In Gablonz schuf die Konkurrenz Glasperlen, die mit Drähten zu filigranen Gebilden geformt wurden. Lametta entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Nürnberg. Die Begeisterung des Ersten Weltkriegs bekam in manchen Stuben auch der Christbaum zu spüren: Ritterkreuz und Fliegerbombe schmückten ebenso den Baum wie ein fliegender Zeppelin. 20 Zentimeter kleine Feldpostbäumchen mit Kügelchen und Kerzchen wurden an die Front verschickt.
Nach dem Ersten Weltkrieg setzte sich der Trend zum kunstgewerblichen Schmuck zunehmend durch. Glasfische am Baum wollen auf christliche Symbolik hinweisen, muten aber doch etwas seltsam an. Der Einfluss aus Amerika zeugt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts seltsame Formen. Indianerfiguren schmücken ebenso die Bäume wie ein Nikolauskopf oder eine Miniaturkuckucksuhr. In Würzburg setzen sich Laubsägearbeiten durch: Engelchen, Puppenwagen, Schlitten und Tieren. Geringe Resonanz findet die NS-Proganda für den „germanischen Baum“. Nur wenige Menschen hängen NS-Propagandaheftchen oder Hackenkreuzfähnchen auf. Was vom Zweiten Weltkrieg übrig blieb, findet sich in der 1950er Jahren am Baum. Die künstliche Beleuchtung ersetzt die den brennenden Kerzen.
Das Prachtstück eines Sonneberger Reifbaums ist das Highlight der Sonderausstellung in der Würzburger Festung. Für das Heimatgefühl dürfte dagegen der Fränkische Christbaum aus der Zeit um 1930 stehen: ein Rauschgoldengel auf der Spitze, Springerle, Nussketten, Äpfel, Gebäck, Wollschäfchen und rote Kerzen vervollkommnen den fränkischen Baum. Daneben verkündet ein Engelsgeläute die Botschaft des Engels an die Hirten: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“
Die Ausstellung „Es glitzert und funkelt: Historischer Christbaumschmuck aus Privatbesitz“ ist bis 27. Januar in der Kelterhalle des Mainfränkischen Museums in Würzburg zu sehen. Geöffnet ist sie dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr. Wer gerne vor den geschmückten Bäumen der Sonderausstellung singen will, kann dies beim weihnachtlichen Liedersingen am Sonntag, 16. Dezember, um 15 Uhr. Zuvor findet um 13.30 Uhr eine Familienführung statt. Zur Ausstellung gibt es zwei Serien mit jeweils sechs verschiedenen Postkartenmotiven. Ein Set, bestehend aus sechs Klappkarten, sechs Umschlägen und einem Begleitheft kostet sechs Euro, beide Serien zehn Euro. Weitere Informationen im Internet unter www.mainfraenkisches-museum.de.
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