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„Schönere Tage sah wohl die alte Kiliansstadt noch nicht“

Vor 160 Jahren trafen sich erstmals die Bischöfe Deutschlands in Würzburg

Würzburg (POW) Die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 11. bis 14. Februar 2008 im Exerzitienhaus Himmelspforten steht nach dem Rücktritt von Karl Kardinal Lehmann als Vorsitzender des Gremiums ganz im Zeichen der Wahl seines Nachfolgers. Doch die Bischofskonferenz feiert auch ein Jubiläum: 160 Jahre sind vergangen, seit erstmals die deutschen Bischöfe zusammenkamen, um gemeinsam zu beraten. Die Stadt Würzburg war Tagungsort dieser ersten Bischofsversammlung im Jahr 1848. Bei dem Festgottesdienst am Montagabend, 11. Februar, um 18.30 Uhr im Würzburger Kiliansdom erinnern die deutschen Bischöfe an dieses Jubiläum.

Ein Hauch Lokalpatriotismus mag in den Zeilen mitschwingen: Universitätsprofessor Dr. Theodor Henner würdigt in seinem Festbuch der Stadt Würzburg von 1914 mit dem Titel „Hundert Jahre bayrisch“ das erste Treffen der Bischöfe Deutschlands im Jahr 1848 als „Markstein in der Geschichte der katholischen Kirche“ und als „Ereignis von fundamentaler Bedeutung“. Eine „Stimme vom Lande“, wie es in der Würzburger Chronik von Ludwig Gehring aus dem Jahr 1927 heißt, meint dazu: „Schönere Tage sah wohl die alte Kiliansstadt noch nicht, seitdem die erhabenen Kirchenfürsten des ganzen deutschen Vaterlands zum Bruderbund sich einten. Die deutschen Kirchenfürsten vereinigten sich im Herzen Deutschlands zur Beratung. Würzburg war die auserlesene unter den vielen Schwesterstädten in den deutschen Gauen. Und mit Recht. Denn seine Straßen werden selbst in den verhängnisvollsten politischen Momenten, als allenthalben die Fackel des Aufruhrs brannte, von keinem Bürgerblute befleckt; du allein unter allen deutschen Städten hast für die hohen Gäste hinreichende Sicherheit geboten. Denn in deinen Mauem lebt noch katholischer Geist.“ Und Eichstätts Bischof Georg Ritter von Oettl, selbst Teilnehmer der ersten Bischofsversammlung, schreibt: „Die bischöfliche Versammlung ist und bleibt ein ewig denkwürdiges Ereignis, dessen Wirkungen zur Zeit noch nicht ermessen werden können. Nach meiner lebhaftesten Überzeugung bildet die bischöfliche Versammlung in Würzburg die neue Ära der kirchlichen Zukunft.“

Das Zustandekommen der ersten deutschen Bischofskonferenz ist eher den politischen Umständen als theologischen Überlegungen zu verdanken: Seit der französischen Revolution hatte eine gewaltige Erschütterung Europa bewegt. Manche Könige wankten, andere stürzten von ihrem Thron. Die Säkularisation veränderte auch die kirchlichen Besitzverhältnisse und die weltliche Macht der früheren Fürstbischöfe. Was die „in Würzburg versammelten Erzbischöfe und Bischöfe an die Gläubigen ihrer Diözesen am Tag des heiligen Martinus, im Jahr des Herrn 1848“ schreiben, lässt in die Tage des Revolutionsjahres 1848 blicken und zeigt den Grund für die erste Versammlung der Bischöfe Deutschlands vor 160 Jahren: Mitten im Sturm der Revolution wollen die Bischöfe ihre Stimme erheben und für die Kirche Recht und Freiheit einfordern.

Knapp vier Wochen tagen die Bischöfe in Würzburg, vom 21. Oktober bis zum 16. November. Zunächst treffen sie sich täglich zweimal im Priesterseminar, dann ab 5. November im Franziskanerkloster. Dass die Bischöfe Würzburg als Tagungsort wählen, mag zum einen an der zentralen Lage der Stadt, zum anderen an ihrem katholischen Charakter liegen. Kardinal Friedrich Fürst von Schwarzenberg, Fürsterzbischof von Salzburg und Primas von Deutschland, lobt am 9. November 1848 bei der Feier der Stadt Würzburg zu Ehren der Bischöfe und Gäste die Kiliansstadt: „Wir haben uns lange beraten und umgesehen, um einen Ort zu unseren Besprechungen zu finden, da fiel unsere Wahl auf Würzburg. Diese gute Stadt hat unser Vertrauen gerechtfertigt. Was sie unseren Bischöfen zu Ehren tat, hat sie eigentlich dem Heiland selbst getan; möge deshalb Gottes reichster Segen über Würzburg walten!“

Zur Zusammenkunft war am 1. Oktober 1848 mit einem Schreiben eingeladen worden – denkbar kurzfristig in einer Zeit ohne Telekommunikationsmittel, Autobahn und ICE-Verbindung. Absender war der Kölner Erzbischof Johannes von Geissel, der alle deutschen Bischöfe nach Würzburg einlud. Als Hausaufgabe hatte er der Einladung die Denkschrift „Über eine Synodale Zusammenkunft der deutschen Bischöfe“ beigefügt. In dem unter Geissels und des Münchener Professors Ignaz Döllinger Federführung verfassten Text heißt es, dass „als erstes Lebenszeichen des wiedererwachten Gefühls der alten Einheit“ eine Versammlung aller Bischöfe höchst wünschenswert sei. Die Zeit mache diese Versammlung aber auch notwendig. Außerdem wird in der Denkschrift das Verhältnis von Kirche und Staat diskutiert. Der pathetische Schluss lautet: „Das katholische Deutschland sieht auf seine Bischöfe. Die Bischöfe aber werden handeln mit Gott für seine Kirche.“

Der Kölner Erzbischof von Geissel, Vorsitzender des Treffens, äußert in der 14. von insgesamt 36 Sitzungen der Würzburger Bischofsversammlung: „Man muthmaßt vielfach über die Absicht, die uns zusammengeführt. Diese Absicht ist ausschließlich das Wohl der Kirche. Wir wollen berathen, wie die Rechtsverhältnisse zu gestalten sind. Das fälschliche Recht wollen wir beseitigen, Anmaßungen und Beeinträchtigungen der Kirche zurückweisen. Aber für alle wirklichen Rechte haben wir die heilige Achtung.“ Der Großteil der deutschen Erzbischöfe und Bischöfe trifft am 21. Oktober 1848 in Würzburg ein, sechs Bischöfe schicken Stellvertreter. Hinzu kommen namhafte Theologen wie der Münchener Professor Ignaz Döllinger und Laienvertreter wie der nassauische Legationsrat Moritz Lieber. Wer noch fehlt, ist der Kardinal von Salzburg. Erst am Allerheiligentag wird er in der Stadt am Main empfangen.

Von 11 bis 16 Uhr kommen die Bischöfe am Sonntag, 22. Oktober 1848, im bischöflichen Palais zu einer Vorbesprechung zusammen. Am folgenden Tag zelebriert der Bamberger Erzbischof und Metropolit Bonifaz von Urban früh um 8 Uhr den Eröffnungsgottesdienst im Kiliansdom. Um 10 Uhr schließt sich die erste Sitzung der Bischöfe im Priesterseminar an. Voll Jubel empfangen die Würzburger die geistlichen Würdenträger. Die Bewohner der Bischofsstadt nehmen großen Anteil an den Bischofsgottesdiensten, die Stadt Würzburg veranstaltet eine Feier zu Ehren der Bischöfe und der Gäste, und alle zusammen bereiten vor allem dem „Primas von Deutschland“, Salzburgs Fürsterzbischof Kardinal Friedrich von Schwarzenberg, am Allerheiligentag 1848 einen würdigen Empfang.

Universitätsprofessor Henner schildert die Szene im Festbuch der Stadt Würzburg so: „Am Morgen des 1. November erfolgte seine Ankunft, worauf er sofort am Portal des Doms vom hiesigen Bischof und dem Domkapitel empfangen und in der überfüllten Kirche feierlich nach dem Presbyterium geleitet wurde, wo er dann selbst das Hochamt zelebrierte, eine schon in ihrer äußeren Erscheinung höchst imponierende, fesselnde Persönlichkeit, die unwillkürlich die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Im bischöflichen Palais, wo er seine Wohnung nahm, empfing er dann nach dem Gottesdienst die Aufwartung der Bischöfe, nachmittags die des Domkapitels.“

Die Anteilnahme der Bevölkerung an diesem Treffen überrascht die Bischöfe. Von einer tiefen Ergriffenheit der Bischöfe berichtet damals die Neue Würzburger Zeitung in einem Artikel vom 5. November 1848. Das Volk habe beim Tedeum im Kiliansdom deutsch gesungen. Das habe den Bischöfen imponiert. Vor allem die, „in deren Diözesen der Volksgesang noch nicht eingeführt war, versicherten, sie seien von diesem Eindrucke überwältigt worden“. Aber auch die Gläubigen Würzburgs sind gerührt von der Leutseligkeit der deutschen Bischöfe. Bei der Feier der Stadt zu Ehren der Bischöfe und Gäste am 9. November 1848 findet nach dem Festgottesdienst in der Marienkapelle – zelebriert vom Würzburger Generalvikar Dr. Pförtner – um 12 Uhr im großen Theatersaal eine Speisung von über 200 Armen statt. Die Neue Würzburger Zeitung berichtet von einem überaus rührenden Anblick: Die Bischöfe hätten dabei gleichsam ihr Diakonenamt ausgeübt, seien überall umhergegangen und hätten mit den einzelnen freundlich gesprochen.

Bis zum 16. November 1848 treffen sich die Bischöfe in 36 Sitzungen. Drei von der Bischofsversammlung in diesen Novembertagen des Jahres 1848 veröffentlichte Schriften geben Einblick in die Diskussion: Am 11. November 1848 richten die Bischöfe ein Hirtenwort an die Gläubigen ihrer Diözesen. Sie sprechen die „Zeit des Zwiespalts und der religiösen Zerrissenheit“ an und bekennen „die göttliche Wahrheit, wie es in Trient dargelegt ist, laut und öffentlich“. Die Bischöfe fragen, wie das innere Leben der Kirche erwärmt und gekräftigt werden könne, wie die Kirche wieder Salz der Erde sein könne. Angesichts der Kühnheit der Gegner des Gekreuzigten sei es die bischöfliche Pflicht, die Irrenden zu warnen, die Gläubigen zu stärken, die Würde und Rechte der Kirche zu sichern. Zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche schreiben sie an die Gläubigen, dass die Kirche eine Trennung zwischen ihr und dem Staat nicht wünsche. Die Kirche werde aber vor allem „ihr heiliges Anrecht auf Erziehung und Unterricht wahren, und niemals zugeben, dass ihr, der Begründerin der Volksschule, das Kind vom Mutter-Herzen genommen werde“. Abschließend sprechen die deutschen Bischöfe von „Feuerproben der Leiden“ und von „gegenwärtigen Kämpfen“ und weisen auf die ernste und bedeutungsvolle Zeit hin, in der „niemand weiß, was die Zukunft bringt“.

Von besonderer Bedeutung ist die an die deutschen Regierungen gerichtete „Denkschrift der in Würzburg versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands“ vom 14. November 1848. Die Bischöfe bekräftigen, dass eine Trennung der Kirche vom Staat nicht im Willen der Kirche liege, und versprechen, die Konkordate und Verträge heilig zu achten. Sie weisen auf das Recht der Kirche auf Lehre und Erziehung hin, wobei sie beispielsweise die eigene Ausbildung der Priester, die Auswahl der Religionslehrbücher oder die Weiterführung katholischer Schulen ansprechen. Angemahnt werden die ungehinderte Ausübung der Liturgie und die Freiheit für die katholischen Vereine. Die Bischöfe verwahren sich gegen jede Darstellung, die die Verbindung mit Rom als undeutsch und gefährlich bezeichnet.

Eine dritte Schrift vom 15. November richten die Bischöfe schließlich „an den gesammten hochwürdigen Klerus ihrer Diözesen“. Mit dem Hinweis auf die Gefahren der Zeit fordern sie zur eifrigen Arbeit im Weinberg des Herrn auf. Der 15. November 1848 ist zugleich der Tag der kirchlichen Schlussfeier im Kiliansdom. Gläubige aus dem Umland Würzburgs ziehen mit Prozessionen zur Bischofskirche, feiern mit dem Bamberger Erzbischof Bonifaz Kaspar von Urban als Zelebranten und dem Bischofskollegium die Eucharistie und ziehen nach gesungenem Tedeum mit Musik und Gesang wieder heim. Der Landklerus, so heißt es, habe danach noch dem Kardinal seine Aufwartung gemacht. Die erste deutsche Bischofsversammlung schließt am 16. November im Franziskanerkloster, wo der Salzburger Kardinal nach stillem Gebet in der Klosterkirche den Segen erteilt.

(0508/0155)

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