Liebe Schwestern und Brüder,
es ist leider fast schon eine traurige Tradition geworden, dass ich mein Wort auf Ihren Vollversammlungen beginne mit den aktuellen Problemen in der Kirche, die durch die Medien gehen und uns auch im Innersten erschüttern und bewegen. War es bei der vergangenen Frühjahrsvollversammlung die Rücknahme der Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft und die Holocaust-Leugnung des ihr angehörenden Bischofs Williamson und im vergangenen Herbst die Suspendierung des Hammelburger Pfarrers Michael Sell, werde ich jetzt zu Beginn über die bekannt gewordenen Fälle von Misshandlung und sexuellem Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Priester in kirchlichen Einrichtungen Stellung nehmen im Blick auf das Bistum Würzburg. In verschiedenen Interviews habe ich mein Bedauern, sowie die Schande und Schmach zum Ausdruck gebracht, die diese unerträglichen Vorkommnisse für die Kirche bedeuten.
1. Dass das Thema Sexueller Missbrauch und körperliche Misshandlung von Kindern und Jugendlichen die Kirche in Deutschland und auch unser Bistum zutiefst erschüttert, beschämt und verunsichert, muss ich nicht eigens betonen. Ich bin persönlich sehr betroffen und traurig über diese kriminellen Verhaltensweisen von Priestern und Ordensleuten. Ich erkläre mich solidarisch mit den Opfern dieser Untaten, die oft unter schwerwiegenden Traumatisierungen leiden. Ich möchte ganz ausdrücklich die betroffenen Menschen für das Verhalten der zu uns gehörigen Priester und der von uns beschäftigten Ordensleuten um Vergebung bitten für all das, was ihnen angetan wurde. Zugleich bitte ich uns bisher unbekannte Opfer sehr, sich zu melden. Soweit ich bzw. das Bistum zur Aufarbeitung ihrer Beeinträchtigung beitragen kann, bin ich bzw. das Bistum gerne bereit zu helfen. Die Täter fordere ich auf, sich vor Gott zu prüfen, sich den Vorwürfen zu stellen und die notwendigen Konsequenzen auf sich zu nehmen.
Ich habe einen neuen Ansprechpartner für Missbrauchsfälle und Misshandlungen ernannt: Herrn Prof. Dr. Klaus Laubenthal, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Würzburg. Ich danke ihm sehr, dass er diese Aufgabe übernommen hat. Wir hoffen, durch die Wahl einer Person, die nicht unmittelbar in diözesaner Verantwortung steht, es möglichen Opfern noch einmal zu erleichtern, sich zu melden.
Seit dem Erlass der Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz im Jahre 2002 und der Ernennung eines Ansprechpartners - bislang Msgr. Dr. Heinz Geist - dem ich hierfür sehr danke - sind in unserem Bistum sieben Personen des sexuellen Missbrauchs beschuldigt worden. Diesen Vorwürfen sind wir entschieden nachgegangen. Wo ein hinreichender Anfangsverdacht bestand, ist mit der Staatsanwaltschaft zusammengearbeitet worden. Im Zuge der breiten Medienmiteilungen in den vergangenen Wochen haben sich größtenteils beim bisherigen Ansprechpartner Dr. Geist noch einmal zehn Personen (teils Opfer, teils Mitwisser) gemeldet, die sowohl über sexuellem Missbrauch wie über körperliche Misshandlungen Angaben gemacht haben. Mit ihnen wird im Augenblick das Gespräch gesucht. Bei einem Teil der Beschuldigten handelt es sich um Priester, die bereits verstorben sind.
Weitere Fragen versucht die Stellungnahme des Generalvikars zu beantworten, die er für die Osterausgabe des Würzburger Katholischen Sonntagsblattes und für das Bayerische Klerusblatt erstellt hat und für sie hier bereits aufliegt. Ich kann nur versichern, dass wir in unserer Diözese wie in ganz Deutschland uns darum mühen werden, die notwendigen Konsequenzen aus den schlimmen Vorfällen, z. B. in der Priesterausbildung, zu ziehen.
2. Am vergangenen 7. März fanden in ganz Bayern und so auch im Bistum Würzburg die Wahlen zu den Pfarrgemeinderäten statt. Es war die erste Pfarrgemeinderatswahl nach dem Abschluss des Errichtungsprozesses der Pfarreiengemeinschaften in unserer Diözese, mit der wir am vorherigen ersten Fastensonntag - fast - mit einer Punktlandung gemeistert haben. Ich habe immer betont, dass keine Pfarrei aufgelöst wird – wie das andere Diözesen getan haben. Die Gemeinden, die sich zu einer Pfarreiengemeinschaft zusammenschließen, sollen mit ihrem unverwechselbaren Profil nicht untergehen. Es geht um eine Einheit in der Vielfalt.
Es geht auch nicht nur um eine möglichst rationelle Verteilung von Gottesdiensten. Es geht überhaupt nicht vorrangig um Strukturen. Es geht um die Menschen – es geht um Sie und um alle, die in unseren Gemeinden leben. Wir müssen uns heute in unserer Seelsorge z. B. fragen: Was brauchen Menschen heute, um ihr Leben zu gestalten und es mit Gott in Berührung zu bringen? Wie muss heute Glaubensverkündigung aussehen, damit die Botschaft des Evangeliums überhaupt verstanden wird und das sakramentale Leben greift?
Die vergangene Pfarrgemeinderatsperiode war gerade von diesem Prozess, seinen strukturellen Fragen und der notwendigen Entwicklung von Koordination und Kooperation in den zu bildenden Pfarreiengemeinschaften geprägt. Ich danke den Pfarrgemeinderäten, dass sie sich auf diesen Prozess eingelassen und ihn vor Ort konstruktiv durchgeführt haben. Gerade die Entscheidung vieler Gemeinden, trotz der Möglichkeit, einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat in der Pfarreiengemeinschaft zu wählen, am eigenen Pfarrgemeinderat festzuhalten, zeigt, wie wichtig dieses Gremium für die Identität der örtlichen Gemeinden ist. Dennoch hat sich in nicht wenigen Gemeinden die Kandidatensuche als schwierig erwiesen.
Im Rahmen der diesjährigen Frühjahrsvisitation, die mich und Weihbischof Ulrich Boom in das Dekanat Ochsenfurt führte, durfte ich mich bei der Auszählung der Pfarrgemeinratswahl in Sächsenheim beteiligen. Es war das erste Mal bisher, dass ich so eng und konkret dabei sein konnte. Ich war überrascht über die hohe Wahlbeteiligung: Von 123 Wahlberechtigten hatten 108 von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und ihre Stimme mittels Briefwahl abgegeben. Das sind 87,8 Prozent. Einen Spitzenwert in unserem Bistum erzielte die Filiale Falkenstein in der Pfarreingemeinschaft „Kirche am Zabelstein“ mit einer Wahlbeteiligung von 93,6 Prozent. Insgesamt ist die Diözese Würzburg Spitzenreiter bei den diesjährigen Pfarrgemeinderatswahlen, die in den Bayerischen Diözesen ja alle am gleichen Sonntag stattfanden. Die Wahlbeteiligung von 34 Prozent macht deutlich, welchen Stellenwert die Pfarrgemeinderäte in unseren Gemeinden haben und welches Vertrauen ihn - und das möchte ich jetzt bewusst und sehr deutlich sagen - zu Recht entgegengebracht wird. Aufgabe der neugewählten Pfarrgemeinderäte wird es sein, gewissermaßen ein Stückweit Pionierarbeit zu leisten, wie die Arbeit dieses Gremiums in der veränderten pastoralen Struktur aussehen kann. In unserem Bistum stand die Pfarrgemeinderatswahl unter dem Motto „Aufbrechen“, denn es gilt nun, in den neuen Pfarreiengemeinschaften aufzubrechen und in den neugeschaffenen Strukturen den Glauben lebendig, begeisternd und ansteckend werden zu lassen.
3. An dieser Stelle möchte ich Ihnen ein ganz herzliches Wort des Dankes für ihr Engagement im Diözesanrat der Katholiken im Bistum Würzburg in den vergangenen vier Jahren aussprechen. In der Nachfolge der Pfarrgemeinderatswahlen und der Konstituierung der Dekanatsräte wird es auch bis zum Herbst Wahlen für den Diözesanrat geben, so dass sich auch in diesen Reihen bis zur nächsten Vollversammlung im Herbst einiger personeller Wechsel ergeben wird. Ich danke ihnen allen für ihr herausragendes Engagement, mit dem Sie ihre Charismen und Fähigkeiten - nicht nur - im Diözesanrat eingebracht haben. So danke ich ihnen für ihr kompetentes, offenes und konstruktiv-kritisches Mitdenken und Mitreden und besonders für ihre Loyalität zur katholischen Kirche. Diese Loyalität gibt mir auch in diesen stürmischen Zeiten Mut und Zuversicht. Ich habe dieses Gremium erlebt als einen Ort wacher Katholiken, die ihren Auftrag in der Kirche und in der Welt kompetent wahrnehmen. Ich habe ihr Interesse erlebt daran, was mich als Bischof umtreibt, was mir Freude bereitet und was mir Sorgen macht. Ich habe immer wieder spüren können, dass wir alle an einem Strang ziehen: wie kann kirchliches Leben in unserem Bistum in der Zukunft gelingen und gestaltet werden. Der Austausch mit ihnen hat mir gut getan. Ich danke darüber hinaus auch allen, die sich in den verschiedenen Ausschüssen des Diözesanrates engagiert und die unterschiedlichsten Aktionen und Veranstaltungen mitgetragen haben.
Vieles könnte hier aus den letzten vier Jahren aufgezählt werden, ich will es hier belassen und dem Vorsitzenden überlassen. Nur eines möchte ich ansprechen: Wie auch bei den Pfarrgemeinderäten vor Ort, war auch hier im Diözesanrat der Prozess der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften im Bistum Würzburg ein zentrales Thema in diesen Perioden. Sie haben diesen Prozess hier mitgetragen und unterstützt. Sie haben mitgeholfen, die Diözese für die Zukunft zu bereiten. Der nächste Diözesanrat wird den Weg in die Zukunft weiter begleiten, dass die strukturellen Gebilde der Pfarreiengemeinschaften mit Glaubensleben gefüllt und erfüllt werden, denn dazu sollen sie dienen: dass unser Glaube vor Ort gelebt werden und ausstrahlen kann.
Namentlich möchte ich zum Schluss noch stellvertretend für sie alle dem Vorstand des Diözesanrates danken: dem Vorsitzenden Karl-Peter Büttner und den stellvertretenden Vorsitzenden Felix Behl und Lucia Stamm aber auch den weiteren Vorstandsmitgliedern Ulla Becker, Susanne Bühl, Uschi Kriener und Wolfgang Bullin. Mein Dank gilt darüber hinaus auch dem Geschäftsführer Matthias Reichert und dem Geistlichen Assistenten Domkapitular Msgr. Hans Herderich, der heute Abend von diesem Amt hier verabschiedet werden wird. Ihnen ein herzliches „Vergelt’s Gott!“