Gott hat am vergangenen Freitag, 17. Februar, unseren allseits geschätzten Mitbruder, Domkapitular emeritus, Prälat Oskar Hörning, im 92. Lebensjahr zu sich heimgerufen.
Auf einem Grabstein in Corvey aus dem 16. Jahrhundert stehen neben den Geburts- und Sterbedaten die Worte: "Geboren um zu sterben – gestorben um zu leben."
So können auch wir von unserem Mitbruder sagen: Oskar Hörning wurde am 6. November 1913 in Unterleinach geboren um zu sterben, und er starb am 17. Februar 2006 in Würzburg um zu leben.
So wenig das Geburts- und Sterbedatum den Beginn und das Ende eines menschlichen Lebens erfassen, so wenig ist es uns möglich, in wenigen Sätzen das Leben dieses großen Priesters zu würdigen. Alles Gute, das unser Verstorbener je gedacht und getan hat, ist bleibend in der Gegenwart Gottes aufgehoben. Dennoch soll mit wenigen Worten an dieses vorbildliche Priesterleben erinnert werden.
Am 27. Februar 1938 von Bischof Matthias Ehrenfried zum Priester geweiht, wirkte er zunächst als Kaplan in Alzenau und Bad Kissingen. 1941 zum Militärdienst in einer Sanitätskompanie eingezogen, geriet er 1944 in amerikanische Gefangenschaft, aus der er 1946 entlassen wurde.
Dieser Altarstein, den er wenige Wochen vor seinem Tode Prälat Karl Rost anvertraut hatte, begleitete ihn durch all diese schweren Jahre. Oskar Hörning hatte ihn stets in seinem Tornister mitgetragen. Oft konnte er mit seinen Kameraden, auch den verwundeten, über dem „Grab der Martyrer“ im Altarstein die heilige Messe feiern.
Das konnte er auch nach dem Sommer 1944, als er mit seiner Sanitätseinheit in der Normandie in amerikanische Gefangenschaft geriet. Der ihn durchsuchende GI habe ihm den Altarstein gelassen, nachdem Oskar Hörning ihm den Sinn dieses Steines erklärt habe. So war es ihm möglich, in Scheunen und Lagern mit seinen Kameraden die heilige Messe zu feiern. Fünf Jahre lang hat er diesen ihm so wertvollen Stein im Tornister getragen. Dieser Stein ist ein stummes und doch sehr sprechendes Zeugnis für seine Treue zu Kirche und zu seinem in der Priesterweihe gegebenen Auftrag: Durch die in ihn eingelassenen Reliquien konnte er gleichsam über dem Grab der Martyrer, der Glaubenszeugen für Christus, die mit ihrem Leben die Nachfolge Jesu bis in den Tod hinein besiegelt haben, Tod und Auferstehung Jesu Christi feiern.
Mit den Martyrern verband ihn seine Bereitschaft, Christus bis in den Tod hinein zu folgen.
Durch die Feier der heiligen Messe in der Gefangenschaft konnte er durch Christus die Fesseln der Unfreiheit sprengen lassen und die lebendige Verheißung konkretisieren: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ (Joh 6,51)
Welcher Trost und welche Zuversicht für den Priester Oskar Hörning und die von ihm Betreuten!
Als er im August 1946 in das zerstörte Würzburg zurückkehrte übernahm er zunächst die Aufgabe des Präfekten am Kilianeum, 1948 wurde er Subregens am Priesterseminar, dann wirkte er fünf Jahre als Studienrat am Alten Gymnasium in Würzburg und schließlich übertrug ihm Bischof Josef Stangl 1957 die Leitung des Priesterseminars. Der ‚Gute Hirte’ über dem Portal, der auch auf seinem Totenzettel abgedruckt ist, charakterisiert seine Grundhaltung in der Nachfolge Jesu Christi. Immer wieder konnte ich in den letzten Tagen hören, wie viele Priester ihre Berufungsgeschichte eng mit seinem Lebenszeugnis verbinden. Seine Hirtenaufgabe weitete er aber auch auf die Betreuung der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg im Bistum Würzburg aus (1952-1962). Diese Hirtensorge nahm er auch wahr, als er 1957 Ordinariatsrat und 1965 Domkapitular wurde. Mit der Leitung der Hauptabteilung „Schule und Erziehung“, die er bis 1991 innehatte, sorgte er sich um den katholischen Religionsunterricht in unserem Bistum.
Über diese verantwortungsvolle Aufgabe hinaus wirkte er als Ordensreferent, leitete bis 1997 das Exerzitiensekretariat, sorgte als Diözesandirektor des Päpstlichen Werks für Priesterberufe und engagierte sich vielfältig etwa im Marienverein oder in der Gründung der Maria-Stern-Schule für Kinder mit Sprechstörungen.
Bischof Paul-Werner sagte vor wenigen Jahren von Oskar Hörning, der inzwischen zum Päpstlichen Ehrenprälaten ernannt und mit dem Goldenen Caritaskreuz ausgezeichnet worden war: „Priester und Lehrerschaft waren und sind eingeschrieben in sein Herz.“ (POW 17.02.06)
Liebe Schwestern und Brüder, was unseren verstorbenen Mitbruder Oskar Hörning auszeichnet, ist die geradlinige, konsequente Haltung in der Nachfolge Jesu Christi. Die Freude an seiner Berufung zum Priester konnte er glaubwürdig vermitteln und darin auch wesentliche Impulse für Generationen von Priestern geben.
Er blieb offen, engagiert und hilfsbereit besonders auch den Kindern und Jugendlichen gegenüber. Er war überall da zur Stelle, wo er gebraucht wurde.
Die Kraft dazu holte er aus dem innigen Umgang mit dem Guten Hirten Jesus Christus. Immer war ihm bewusst, dass wir auf dieser Welt Pilger sind, nur unterwegs auf das große Ziel. Der Leib des Herrn in der eucharistischen Speise war ihm stets Nahrung und Kraftquelle, – das Ziel, das himmlische Jerusalem, frohe Verheißung.
Er wusste, dass wir durch Christus vom Tod zum Leben gekommen sind und dass die verheißene Zukunft schon jetzt in die zerbrechliche Gegenwart hineinreicht. Sein Lebenszeugnis ist uns ein bleibendes Vermächtnis.
Wir dürfen in großer Dankbarkeit und Zuversicht hoffen, dass der Weltenrichter zu ihm sagt: „Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn! (Mt 25, 21)
Amen.
(0906/0328)