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Tod und Auferstehung

Predigt von Bischof em. Paul-Werner Scheele am Sonntag, 6. April 2008, im Kiliansdom zu Würzburg

Vor 80 Jahren wurde am 6. April der Karfreitag gefeiert. 2008 fällt dieser Tag mitten in die Osterzeit. Das lässt uns an die Ereignisse denken, die die ganze Welt von Grund auf verändert haben: an den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Ihnen verdanken wir unser Leben; auf sie ist es ausgerichtet, ob uns das bewusst ist oder nicht. Unser ganzes Leben steht unter dem Gesetz des „Stirb und werde!“. Wer das nicht weiß, kann es sich von Goethe sagen lassen. In seinem „West-östlichen Divan“ hält er fest:

„Und so lang du das nicht hast

Dieses: Stirb und werde

Bist du nur ein trüber Gast

Auf der dunklen Erde.“1

Seit unserer Taufe sind wir für immer mit Christus verbunden. Seither kommt er immer wieder auf uns zu, um diese Verbundenheit zu vertiefen und – wenn es nötig ist – sie wieder herzustellen. Die heutige Liturgie zeigt uns, wann und wo er uns besonders nah sein will.

Christus in unserer Mitte

Im Alltag

Das heutige Evangelium beginnt mit einer Überraschung. Wir finden die engsten Freunde nicht als Zeugen der Auferstehung auf apostolischen Wegen; sieben von elf Aposteln gehen nach Ostern dem Fischerhandwerk nach. Werden sie vom Auferstandenen dafür getadelt? Nichts dergleichen berichtet der Evangelist. Er lässt uns wissen, dass Jesus zu ihnen kommt und ihnen bei ihrer Arbeit hilft. Seine Frage: „Habt ihr nicht etwas zu essen?“ hat sie vermutlich geärgert. Sie konnten nur mit „nein!“ antworten, hatten sie doch die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen; sie konnten keine Fische verkaufen und hatten nicht einmal für sich selbst etwas zum Essen. Dann rät er ihnen: „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus.“ Sie tun es und machen einen übergroßen Fang. Da erst geht einem nach dem anderen auf: „Es ist der Herr!“ Er war bei ihnen, ohne dass sie ihn erkannten. Er ist nicht in einem Augenblick gekommen, in dem sie auf das Ergebnis ihres Einsatzes stolz sein konnten. Er ist bei ihnen, als sie die Mühen und die Grenzen ihres Tuns massiv zu spüren bekommen. Als sie seiner Weisung folgen, wird ihr Tun überreich gesegnet.

Was die Apostel erlebt haben ist auch uns zugedacht: Unser Herr will uns mitten in unserer Berufswelt begegnen. In unserem Alltag beginnt der All-Tag der Erlösung. Die meisten von uns verbringen die längste Zeit ihres Lebens in der Arbeitswelt. Oft sieht es da so aus, als habe sie mit der christlichen Botschaft und erst recht mit dem christlichen Leben nichts zu tun. Der Schein trügt! Der Herr will uns gerade da nahe sein. Er ist da, auch wenn wir ihn sowenig erkennen wie die sieben Apostel am See von Tiberias. Er beschränkt sich nicht auf die Höhepunkte unseres Lebens, um sich mit uns darüber zu freuen; gerade in den Mühen des Alltags ist er bei uns, um uns zu helfen. An uns liegt es, dass wir offen sind für das, was er uns Tag für Tag sagen und geben will. Dann kann auch uns geschenkt werden, was die sieben Fischer erleben.

Beim Mahl

Der Herr, den sie zunächst nicht erkannt haben, lädt sie zum Mahl ein. Als er sie zuvor gefragt hat: „Habt ihr nicht etwas zu essen?“ hieß ihre Antwort: „Nein!“ Jetzt gibt er ihnen etwas zu essen und mehr als das; er sagt ihnen: „Kommt her und esst!“ Wörtlich heißt es sodann: „Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch“ (Joh 21,13). Diese Worte erinnern sie an manches Mahl, an dem sie zeitlebens mit ihm teilgenommen haben. Besonders rückt natürlich das letzte Abendmahl in den Blick. Durch den Wortlaut seines Berichts lenkt uns der Evangelist speziell darauf.

Das verweist uns auf die einzigartige Weise der Begegnung mit unserem Herrn, die uns in der Eucharistie geschenkt wird. In ihr spricht er durch sein Wort zu uns; in ihr bereitet er selber das Mahl. Am Ufer des Sees geschieht das durch ein Kohlenfeuer; in der Heiligen Messe brennt das Feuer seiner Liebe, es erfasst Brot und Wein um dann auch uns zu erfassen. Seine Liebe verwandelt die „Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“, so dass er in ihnen sich selbst uns schenkt.

Zurecht nennt das Konzil die Eucharistie „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“2. Wenn ich Rückschau halte auf die langen Jahre, die Gott mir geschenkt hat, kommt vieles in den Blick, was mir geholfen hat, und überdies denke ich an manche Gipfelerfahrungen, die mich froh gemacht haben. Nichts von alledem war und ist so Quelle und Höhepunkt meines Lebens wie die Feier der Heiligen Messe. Von Herzen wünsche ich, dass so viele wie nur möglich aus dieser Quelle schöpfen und diesen Höhepunkt erfahren. Je mehr das geschieht, umso besser können wir die Aufgabe wahrnehmen, auf die uns die erste Lesung des heutigen Sonntags hinweist: Petrus nimmt sie „zusammen mit den Elf“ wahr. (Apg 2,14).

Im gemeinsamen Zeugnis

Jetzt sind sie wieder in Jerusalem. „Einmütig im Gebet“ versammelt (Apg 1,14) empfangen sie miteinander den Heiligen Geist. Wie der Herr ihnen versprochen hat gibt er ihnen Anteil an seinem Geist. Seine innerste Herzenskraft soll fortan ihre innerste Herzenskraft sein. Durch diese sollen sie befähigt werden, sein Wort, sein Leben und seine Liebe weiterzugeben. Petrus tut es sogleich, zusammen mit den Aposteln und mit allen, die „am gleichen Ort“ versammelt sind (Apg 2,1). Ausdrücklich betont er, dass alles, was er den Menschen aus aller Welt in der Öffentlichkeit zu sagen hat, gemeinsame Erfahrung und gemeinsamer Auftrag ist: „Dafür sind wir alle Zeugen“ (Apg 2,32). So wird die Christuswahrheit weitergegeben, so kommen Menschen, die ihn nicht oder nur zu wenig kennen, zu einer beglückenden Begegnung mit ihm; so kommt er selbst zuerst zu denen, die von ihm Zeugnis geben. Ihnen gelten seine Worte: „Wer euch hört, der hört mich“ (Lk 10,16). Er selber will mit den Seinen so verbunden sein, dass er durch ihren Mund spricht. Nur deshalb können die, die an ihn glauben, alle Menschen zu seinen Jüngern machen, weil er hält, was er verspricht: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,19 f.).

Ewig bin ich dafür dankbar, dass der Herr mir im Lauf meines Lebens immer wieder durch das Zeugnis vieler geholfen hat. Die Eltern und Verwandten gehören dazu, gute Priester und Seelsorger, begnadete Theologen, aber auch schlichte, nach außen nicht auffallende Mitmenschen, die auf ihre persönliche Weise mit der Christuswahrheit das Christusleben weitergegeben haben. Nicht vergessen sei das gemeinsame Zeugnis von vielen Mitchristen, die nicht zur katholischen Kirche gehören. Sie haben mir unendlich viel vermittelt. Auch als Priester und Bischof war und bin ich immer wieder vom Zeugnis Ungezählter beschenkt worden. Wenn man in einen besonderen Dienst gerufen wird, bleibt man auf das Zeugnis der Mitchristen angewiesen. Im einen Leib der Kirche ist kein Glied, das nur gibt; alle empfangen zuerst, damit sie geben können. Gerne benutze ich diese Gelegenheit, all denen zu danken, die mir bis zur Stunde fundamentale Glaubens- und Lebenshilfen vermitteln.

Wege zum Leben

Wenn wir das alles miteinander bedenken, legen sich die Worte des Psalmisten nahe, die Petrus in seiner Pfingstpredigt aufgegriffen hat: „Du zeigst mir die Wege zum Leben, du erfüllst mich mit Freude vor deinem Angesicht“ (Ps 16,11 = Apg 2,28). Danken wir von Herzen dafür. Fügen wir hinzu: „Herr, du hast uns durch dein Wort auch heute Wege zum Leben gezeigt. Du willst uns in dieser heiligen Feier dich selbst und damit Freude in Fülle schenken. Geh mit uns auf allen unseren Wegen! Lass alle mit uns gehen! Führe uns alle zu unserem Vater, damit endlich Gott sei „alles und in allem“ (1 Kor 15,28)! Amen. Halleluja!