Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Üben, bis die Steine brechen

Oratorium „Der Sohn des Zimmermanns“ fordert großen Probenfleiß der Chorsängerinnen und -sänger – Uraufführung am 16. März im Kiliansdom

Würzburg (POW) „Bitte versäumen Sie keine Probe mehr.“ Domkapellmeister Professor Martin Berger schwört bei der Probe in der zweiten Februarhälfte die ehrenamtlichen Sängerinnen und Sänger der Würzburger Dommusik förmlich ein auf das große Projekt, das es zu meistern gilt: das Oratorium „Der Sohn des Zimmermanns“. Wilfried Hillers Komposition soll am 16. März, dem 65. Jahrestag der Zerstörung Würzburgs, von insgesamt mehr als 200 Mitwirkenden im Kiliansdom uraufgeführt werden. Ein Werk, das nicht nur in seiner Instrumentierung herausfordernd ist: 33 Bratschen und ein javanischer Buckelgong sind unter anderem vorgesehen – und Steine.

„Jeder bitte nur zwei Steine“, ruft Domkantorin Judith Schnell den Männern zu, die sie in den kleinen Proberaum begleiten. Während der Domkapellmeister mit den Frauenstimmen knifflige Passagen probt, gilt es für die Bässe und Tenöre, für die Szene der Verurteilung Jesu vor Pilatus ein rhythmisches Aufeinanderklopfen von Steinen zu üben. Zaghaft und wie von Geisterhand dirigiert pocht die Gruppe den gleichen, monotonen Takt. „Ihr müsst nicht klopfen, was da in den Noten steht. Das ist nur ein Vorschlag“, klärt Schnell die Runde auf. Fordernd und überzeugend soll der Klang sein, „nicht zu mathematisch“.

„Kreuzige, kreu-zi-ge, kreu-zieee-ge, ans Kreuz mit ihm“, skandieren die Männer im Fünf-Achtel-Takt. Schon dieser schräge Rhythmus hat es in sich. Doch gefordert ist eine Wortbetonung, keine Betonung nach Takt. Ein Tenor hat schon die Orientierung verloren. „Ich weiß gar nicht mehr, wie oft der Text wiederholt wird. Das wäre aber hilfreich für die Ausphrasierung.“

Ein lautes Prusten unterbricht das Steineklopfen bei „Improvisation drei“ der Pilatusszene: Zu energisch hat einer der Bässe die Instrumente aneinandergeschlagen. Statt zweier Steine hat er nun ein knappes Dutzend Kieselbrocken in Händen – sehr zu seiner und seiner Sitznachbarn Erheiterung. Während der übereifrige Klopfer sich mit neuen Steinen versorgt, beschäftigt eine praktische Frage einen anderen Sänger: „Was machen wir in dieser Szene eigentlich mit unseren Noten?“ Die Kantorin regelt es so: Immer zwei Männer einigen sich, wer fürs Umblättern zuständig ist.

Wieder im großen Probensaal geben kräftige Clusterklänge auf dem Klavier den Auftakt für die erste gemeinsame Szene, die Männer- und Frauenstimmen an diesem Abend üben. „Denken Sie daran: Es ist eine gewaltige Energie, die Sie hier transportieren“, gibt Berger dem Chor als Geleit mit auf den Weg. Auf sein Zeichen hin brechen die Sängerinnen in eine Art Indianergeheul aus, bei dem sie immer wieder kurz den Mund mit der Hand verschließen. „Gellender Frauengesang“ umschreibt es die Regieanweisung der Partitur an dieser Stelle. Ungewohnt arabisch klingende Akkordfolgen schweben durch den Raum. „Was vielleicht für manche Ohren ein bisschen wie Aladin und die Wunderlampe klingt, ist ein Prozessionsgesang.“ Immer wieder fordert die Gruppe „Höre, höre“ im Stakkato.

Dann gibt es zehn Minuten Pause. Zeit zum Trinken, scherzen, für einen Gang auf die Toilette. Hochkonzentriert beginnen die Sänger wieder am Anfang der Wüstenszene. „Sie überleben dieses Stück nur, wenn sie im Kopf den Takt mitzählen“, lautet Bergers klare Ansage – an Steineklopfer und sonstige Sängerinnen und Sänger, die am 16. März das Oratorium „Der Sohn des Zimmermanns“ mit uraufführen werden.

(0810/0254; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet [Bildergalerie]