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Überraschendes zum Thema Gewalt

Studientag des Zentrums für Augustinusforschung – Von Christen geführte Kriege können legitim sein

Würzburg (POW) Überraschende Einblicke zum Thema staatliche Gewalt hat der Studientag „Augustinus – Recht und Gewalt“ des Würzburger Zentrums für Augustinusforschung (ZAF) geliefert. „Ein höchst aktuelles Feld“, wie Bischöflicher Finanzdirektor Dr. Adolf Bauer, Vorsitzender des Vereins ZAF, betonte.

Augustins Lehre vom Gerechten Krieg ist spätestens seit Thomas von Aquin fester Bestandteil christlicher Tradition. Christoph Horn (Bonn) wies im Hauptreferat aber darauf hin, dass Augustinus in seinen Spätwerken politische Verfolgungen nicht nur befürwortet, sondern sogar nachdrücklich verlangt habe. Seine Zeitgenossen habe der Bischof von Hippo zur Zurückhaltung gegenüber dem Unrecht staatlicher Autoritäten aufgefordert. Nach Ansicht Augustins ließen sich wichtige Bestandteile der gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit nur durch Begriffe wie Erbsünde, Gnade und göttliche Strafordnung angemessen deuten. Geradezu zynisch wirkt aus heutiger Sicht die These, dass Tyrannen und Folterknechte Werkzeuge der göttlichen Strafordnung seien und Gott auch Personen wie Nero als Werkzeuge benutze. Die Vormacht des römischen Staates habe in diesem Zusammenhang dazu gedient, die noch schlimmeren Unsitten anderer Völker einzudämmen, erklärte Horn die Ansichten Augustins.

„Die politische Philosophie des Augustinus scheint nur dann rettbar, wenn man annimmt, dass es sich bei seinen Vorstellungen von politischer Normativität und göttlicher Strafordnung um einen theoretisch funktionslosen Rest handelt.“ Dieser stamme entweder aus Augustins frühem Neuplatonismus, den dieser in die späte Erbsündentheorie übertrug, oder sei nur nominell aus der Pauluslektüre abgeleitet, ohne die daraus resultierenden Konsequenzen zu ziehen, erläuterte Horn. Zwar verstehe der Kirchenvater Gerechtigkeit als personale Tugend, die sich zudem nur dank göttlicher Gnade vollkommen entfalten könne. Gleichzeitig glaube er daran, dass Staaten bis zu einem bestimmten Grad gerecht sein können und sich moralisch weiterentwickeln. „Daraus folgt, dass auch von Christen geführte Kriege und vollzogene Todesstrafen legitim sein können.“ Christliche Staatsbürger müssen nach Augustins Vorstellung die Gesetze einhalten, da sie nicht allein dem göttlichen Regiment verpflichtet seien. Die christliche Gehorsamspflicht gegenüber staatlicher Autorität ende aber, wo gegen göttliche Gebote verstoßen werde.

Michael Erler (Würzburg) machte in seinem Vortrag deutlich, dass Augustinus es vorzog, Menschen durch Belehrung zum Glauben zu führen, als durch Furcht vor Strafe. Er sei aber realistisch genug gewesen zu erkennen, dass sich Menschen häufiger durch Furcht besserten als durch Liebe. Aussagen, die Augustinus als „geistigen Vater der Inquisition“ brandmarken, seien dennoch deplaziert: Politisch bedeutsame Texte von Augustinus seien nie Gegenstand des Unterrichts an mittelalterlichen Universitäten gewesen. Wie Robert Lambertini (Macerata/Italien) verdeutlichte, zeigten mittelalterliche Gelehrte wie Duns Scotus und William von Ockham in ihren Schriften deutlich den Einfluss augustinischer Traktate. Ulrich Muhlack (Frankfurt) widerlegte das stereotype Bild des Fürsten als zynischem Machtmenschen in Macchiavellis Machtlehre. Gewalt verwende dieser nur in Ausnahmefällen, wenn es gelte, den Untergang abzuwenden. Auf den Kernsatz „Private führen keine Kriege, sondern Rebellionen“, lassen sich die Ausführungen von Heinhard Steiger (Gießen) zusammenfassen. Der beschäftigte sich mit dem Thema „Gerechter Krieg und Gewaltverzicht im Völkerrecht der Gegenwart“.

(2607/0930; E-Mail voraus)