Würzburg (POW) Nein, an Ruhestand denkt er nicht. „Es gibt genug zu tun. Ich bin nicht befristet geweiht und fühle mich verpflichtet, weiter als Bischof zu wirken“, sagt er. Nach wie vor nimmt er oft zwei Firmtermine am Tag im Bistum Würzburg wahr, gibt Exerzitien und feiert die Gottesdienste im Mutterhaus der Würzburger Erlöserschwestern. In der Ökumene ist er auch nach der Annahme seines altersbedingten Rücktritts von seinem Leitungsamt als Diözesanbischof von Würzburg vor fünf Jahren weiter weltweit aktiv. Am Sonntag, 6. April, wird Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele 80 Jahre alt. Bei einem Pontifikalgottesdienst im Kiliansdom um 10 Uhr dankt der 87. Bischof von Würzburg für die acht Lebensjahrzehnte, anschließend nimmt er im Kreuzgang des Doms Glückwünsche entgegen.
Der Arbeitsrhythmus des knapp 80-jährigen Bischofs hat sich nach wie vor kaum verändert: „Ich stehe kurz vor 5 Uhr auf. Nur abends arbeite ich nicht mehr so viel“, sagt Bischof Scheele. Gesundheitlich fühle er sich bestens. Dass er dieses Pensum weiterhin schaffe, dafür sei er dankbar. „Als Kind war ich ziemlich kränklich. Von daher weiß ich die Gesundheit zu schätzen; aber auch beim Blick auf meine Mitbrüder, von denen schon einige gestorben sind.“ Solange es seine Kräfte zuließen, helfe er sowohl im Bistum als auch auf Ebene der Weltkirche mit.
Vor allem dort hat sich Bischof Scheele nach seiner Emeritierung als Bischof von Würzburg am 14. Juli 2003 keine Pause gegönnt. Im Gegenteil: Neue Aufgaben in der weltweiten Ökumene kamen hinzu. Im Auftrag des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, dem Bischof Scheele seit 1984 angehört, wirkt er seit 23. März 2004 als Co-Präsident der Internationalen römisch-katholischen/altkatholischen Dialogkommission. Seit Januar 2003 ist er außerdem Mitglied der Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der römisch-katholischen und den orientalisch-orthodoxen Kirchen. Der Präsident des Einheitsrats, Walter Kardinal Kasper, suchte damals einen ausgewiesenen Dogmengeschichtler und klopfte bei Bischof Scheele an.
Vor allem der Dialog mit den so genannten Altorientalen ist für Bischof Scheele mit zahlreichen Reisen verbunden. Zuletzt traf man sich in Syrien, davor in Armenien. Eine erste offizielle Gesprächsrunde gab es 2004. Damals kamen Vertreter der Armenier, Kopten, Äthiopier, Syrer und der malankarische Kirche mit Vertretern der katholischen Kirche in Kairo zusammen. „Aus meiner Sicht war der Auftakt zum offiziellen Dialog zwischen Katholiken und Altorientalen ein kirchengeschichtliches Ereignis. Nach mehr als 1500 Jahren der Trennung gibt es jetzt einen offiziellen Dialog zwischen der katholischen Kirche und der Familie der orientalisch-orthodoxen Kirchen. Ich setze große Hoffnungen auf diese Gespräche“, sagte Bischof Scheele damals nach seiner Rückkehr aus Ägypten und fügte an: „Das Treffen war mit das Positivste, was ich in den vergangenen Jahrzehnten in der Ökumene erlebt habe. Es war eine große Bereitschaft zu spüren, voranzukommen.“
Diese Bereitschaft mag er in seinem lebenslangen Wirken für die Einheit der Christen nicht immer erlebt haben, doch hat so manche Enttäuschung nie seine Hoffnung auf ein Zusammenwachsen der getrennten Christen schwinden lassen: „Christus will, dass alle eins sein sollen. Das Engagement für die Einheit ist immerzu gefordert, ob es anerkannt wird oder nicht, ob es sichtbare Früchte bringt oder nicht, ob das Klima günstig erscheint oder nicht“, lautet sein ökumenisches Credo. Mut macht Bischof Scheele dabei, dass Christus selber alles tut, damit es nur eine Herde und einen Hirten gibt. Mut macht ihm auch die Erfahrung, die er im Laufe seines Lebens machen konnte: „In dieser Zeit hat es auf dem Weg zur vollen Einheit Fortschritte gegeben wie nie zuvor. Wir dürfen sie auch weiterhin erhoffen.“ Mut macht ihm nicht zuletzt die weithin festzustellende Bemühung um den geistlichen Ökumenismus. „Ich möchte mich für die Einheit einsetzen, solange ich lebe“, sagt er, der nach seinen eigenen Worten seit seiner Taufe für die Ökumene wirkt – so wie es Aufgabe eines jeden Christen ist. Sein jüngst erschienenes Buch „Weitervereinigung“ gibt davon Zeugnis und zeichnet das Bild eines Lebens für die Ökumene.
Im Bistum Würzburg ist Bischof Scheele zwar aus der Leitungsverantwortung ausgeschieden, beobachtet die Entwicklung aber nach wie vor mit Interesse. Den Kontakt zu den Pfarreien hält er bei Firmungen und Altarweihen, bei Jubiläen und Vorträgen. 24 Jahre leitete er von 1979 bis 2003 das Kiliansbistum gemäß seinem Wahlspruch „Friede und Freude“. Er setzte sich für eine Erneuerung des christlichen Lebens im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Würzburger Synode ein und dafür, dass sich möglichst viele Mitchristen den Herausforderungen der Zeit stellen. Der diözesanweite Dialogprozess „Wege suchen im Gespräch“ brachte diesen Einsatz auf den Punkt. „Es hat sich gezeigt, dass im verantwortlichen Miteinander Ziele erreicht werden, die ein einzelner allein niemals erreichen kann“, stellt er rückblickend fest. Von großer Bedeutung war für ihn, das reiche Erbe der Diözese Würzburg zu erschließen und es in die Seelsorge einzubringen. Besondere Höhepunkte waren dabei die 1300-Jahrfeier der Mission und des Martyriums der Frankenapostel im Jahr 1989 sowie das 1250. Jubiläum der Diözesangründung im Jahr 1992. Im Zusammenhang mit dem Kiliansjubiläum kam es zur Partnerschaft mit der neugegründeten Diözese Mbinga in Tansania. 1997 weihte Bischof Scheele in Mbinga die Kathedrale Sankt Kilian. Nicht Patenschaft, sondern Partnerschaft soll für ihn die deutsch-tansanische Beziehung prägen.
Das Miteinander der verschiedenen Dienste in der Pastoral wurde in Bischof Scheeles Amtszeit selbstverständlich – vereint unter dem Dach der „Kooperativen Pastoral“. Im karitativen und sozialen Bereich entstanden zahlreiche Projekte und wurden von ihm eingeweiht: Kindergärten, Sozialstationen, Beratungsdienste, Altersheime, darunter die größte Seniorenwohnanlage der Diözese, das Marienstift in Schweinfurt, Darüber hinaus richtete Bischof Scheele den Blick stets auch auf die geistigen und geistlichen Nöte der Menschen. Kulturdiakonie lautete sein Stichwort. Hierzu gehörte zum Beispiel das von Bischof Scheele und dem Komponisten Bertold Hummel 1989 geschaffene Oratorium „Der Schrein der Märtyrer“. Hilfen vermittelte die in seiner Amtszeit geschaffene Reihe der diözesanen Museen vom Marmelsteiner Kabinett über Tückelhausen, Astheim und Oberschwappach bis hin zum Museum am Dom. Besondere Initiativen Bischof Scheeles waren der 1984 gegründete Solidaritätsfonds Arbeitslose, die 1999 errichtete Stiftung „Miteinander für das Leben“, die bedürftigen Müttern hilft, und das Projekt „Familie – bärenstark“, das am Ende seiner Amtszeit stand.
Seit 33 Jahren ist Paul-Werner Scheele mittlerweile Bischof. Zuvor war der in Olpe geborene Westfale nach Kriegsdienst, Abitur, Studium und Priesterweihe Kaplan und Religionslehrer an Berufsschulen in Paderborn. 1964 promovierte er an der Theologischen Fakultät der Universität Würzburg und war dann als Journalist für eine kirchliche Zeitschrift bei der dritten und bei Teilen der vierten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils tätig. Es folgten Jahre als Professor in Fulda und Marburg, in Bochum und Würzburg, schließlich von 1971 bis 1979 in Paderborn. Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt spendete Scheele am 9. März 1975 in Paderborn die Bischofsweihe. Es folgten vier Jahre als Weihbischof in Paderborn, fast 24 Jahre als Bischof von Würzburg und mittlerweile knapp fünf Jahre als emeritierter Bischof in Würzburg. Was ist das Bleibende des Bischofsamts bei allen unterschiedlichen Aufgaben? Bischof Scheele findet die Antwort in dem Bericht des Markusevangeliums wieder, in dem es von Jesus Christus heißt: „Er machte die Zwölf, dass sie bei ihm seien und dass er sie sende.“ Das Bischofsamt ist für Bischof Scheele eine Gnadengabe Gottes, die für immer verliehen wird: „Die erste Aufgabe des Bischofs ist es, die Nähe des Herrn zu suchen und nach Kräften bei ihm zu sein. Nur mit seiner Hilfe kann er die Sendung wahrnehmen, die ihm vom Herrn zugewiesen ist: das besondere Lehr-, Priester- und Hirtenamt.“
Dieser Aufgabe will Bischof Scheele auch in den kommenden Jahren nachgehen. Eine Reihe von Aufgaben liegen noch vor ihm, die er gerne wahrnehmen will: weiter theologisch arbeiten und auf dem neuesten Stand bleiben, weiter die Begegnung mit den Menschen im Bistum Würzburg suchen, weiter in der Ökumene mit Rat und Tat wirken. Doch zunächst freut er sich besonders auf das kirchenmusikalische Symposium „Te deum laudamus“, das die Katholische Akademie Domschule am 11. und 12. April anlässlich seines 80. Geburtstags und des 75. Geburtstags von Weihbischof Helmut Bauer veranstaltet. Dabei geht es um einen wichtigen Weggefährten Bischof Scheeles in den vergangenen 80 Jahren: „Die Kirchenmusik hat mich ein Leben lang begleitet und mir viel gegeben.“
Hinweis: Seine jahrzehntelangen Erfahrungen und Einsichten auf dem Weg zur Einheit im Glauben schildert Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele in dem Buch „Weitervereinigung“, das Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand jüngst herausgegeben hat. Der Interviewband hat 120 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und kostet 19,80 Euro. Erschienen ist er im Echter-Verlag Würzburg (ISBN 978-3-429-02998-2).
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