Würzburg (POW) „Wenn die Erde krank ist, werden auch wir krank.“ Mit diesen Worten beschreiben Armindo Goes Melo vom Stamm der Yanomami und Dom Roque Paloschi, Erzbischof von Port Velho, die Folgen der Umweltzerstörung im brasilianischen Amazonasgebiet für die indigenen Völker. Im Auftrag des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat berichteten sie am Dienstag, 22. November, bei einem Pressegespräch im Medienhaus der Diözese Würzburg von der Situation der ursprünglichen Völker. „Meine Anwesenheit hier ist Ausdruck der Suche nach Verbündeten, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Sie ist ein Schrei im Namen aller ursprünglichen Völker Brasiliens“, sagte Melo. Die Adveniat-Weihnachtsaktion 2016 steht unter dem Motto „Bedrohte Schöpfung – bedrohte Völker“.
Rund 150 Völker mit insgesamt mehr als einer Million Menschen leben nach Angaben von Adveniat im Amazonasgebiet. Doch das Leben der Indigenen, die auf und vom Amazonas leben, werde durch den Klimawandel, die rücksichtslose Ausbeutung von Rohstoffen sowie durch gigantische Staudammprojekte bedroht. „Unter den großen Projekten leiden am meisten die Indigenen, die ursprünglichen Völker“, betonte Paloschi. Der Erzbischof ist zugleich Präsident von CIMI, dem Rat der brasilianischen Bischofskonferenz für indigene Fragen. Bischof Erwin Kräutler, sein Vorgänger in diesem Amt, habe gegen staatliche Megaprojekte im Amazonasgebiet gekämpft, allen voran gegen den umstrittenen Staudamm Belo Monte am Fluss Xingu. „Da wollen wir weitermachen.“
Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Situation der Yanomami. Das rund 35.000 Menschen zählende Volk lebt in den Wäldern des nördlichen Amazonasgebiets an der Grenze zu Venezuela. In den 1970er und 1980er Jahren seien „quasi über Nacht“ rund 40.000 Goldsucher illegal auf das Gebiet der Yanomami eingedrungen, erzählte Paloschi. Die Yanomami seien erstmals in Kontakt mit Weißen gekommen. „Jeder Kontakt ist zugleich eine Bedrohung, zum Beispiel durch eine einfache Grippe“, schilderte der Erzbischof. Dank internationaler Hilfe sei es 1992 gelungen, das Land der Yanomami zu demarkieren und ihnen rechtmäßig zuzusprechen. Dadurch sei das weitere Eindringen von Goldsuchern verboten worden. „Es gibt jedoch keinen Schutz oder Kontrollen“, sagte Melo. Er ist Generalsekretär der Yanomami-Vereinigung Hutukara, die unter anderem den Dialog mit der Regierung Brasiliens sucht.
Durch die wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen und Regierung sei der Lebensraum der Yanomami weiterhin in Gefahr. So würden durch den Abbau von Gold und Erzen die Umwelt und das Wasser massiv verschmutzt, sagte Melo. Unter anderem werde Quecksilber freigesetzt. „In unseren Dörfern merken wir, dass unsere Lebensgrundlage sehr stark in Gefahr ist.“ So seien in den vergangenen Jahren Kinder mit Krankheiten und Behinderungen geboren worden. „Unsere Gesundheit ist grundlegend in Gefahr“, warnte Melo. „Wenn die Umwelt bedroht wird, sterben die Pflanzen, mit denen wir unsere Medizin machen. Wenn unser Wissen verloren geht, ist die Zukunft unseres Volkes vorbei.“
Deshalb treten die indigenen Völker im Rahmen der Adveniat-Weihnachtsaktion an die Öffentlichkeit. „Wir suchen Verbündete, um auf die brasilianische Regierung einwirken zu können. Wir möchten, dass unsere Werte anerkannt, unsere Lebensart respektiert und unser Lebensraum garantiert wird, damit unsere Art zu leben weitergehen kann“, sagte Melo. Die indigenen Völker wollten nicht Teil der westlichen Konsumgesellschaft werden, ergänzte Dom Paloschi. „Sie wollen authentisch ihre Kultur und Tradition leben.“ Paloschi machte die Unterschiede an einem Beispiel deutlich. „In Frankfurt leben rund 3000 Menschen auf der Straße, in Brasilien Millionen – das gibt es bei den indigenen Völkern nicht. Sie leben in einer Gemeinschaft, in der niemand verloren geht.“ Zur Tradition der indigenen Völker gehöre aber auch ein besonderer Umgang mit der Natur. „In unserer westlichen Vorstellung gehen wir davon aus, dass wir das Stück Land besitzen, auf dem wir leben. Die Indigenen sagen, sie seien Teil der Erde. Sie besitzen sie nicht. Sie sagen: Wenn die Erde krank ist, werden auch wir krank.“
Weitere Informationen zum Hilfswerk Adveniat und zur Weihnachtsaktion 2016 „Bedrohte Schöpfung – bedrohte Völker“ gibt es im Internet unter www.adveniat.de.
sti (POW)
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