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„Wer bastelt, sägt nicht“

„Lebensbrüche“: Inhaftierte stellen Kunstwerke im Caritashaus Würzburg aus

Würzburg (POW) Eine ungewöhnliche Ausstellung ist im Caritashaus in Würzburg zu sehen: Kunstwerke von Inhaftierten der Würzburger Justizvollzugsanstalt (JVA) geben mal humorvoll, mal traurig, meist aber nachdenklich Einblicke in das Seelenleben und die Gedankenwelt von Menschen, die für einige Jahre ihr normales Leben unterbrechen und hinter Gittern verbringen müssen. „Lebensbrüche“ heißt daher auch der Titel der Ausstellung. Rund 30 Gefangene haben dafür in den vergangenen Monaten mit Ingrid Pollak, die seit vielen Jahren ehrenamtlich Inhaftierte der JVA betreut und dort eine Kreativgruppe leitet, ihre Werke vorbereitet. Anlässlich der Eröffnung am 7. Mai, zu der auch Vertreter der Regierung, kirchlicher Verbände und der Politik kamen, feierten die Freigänger der JVA mit den Mitarbeitern des Diözesan-Caritasverbands in der nahegelegenen Franziskanerkirche einen Gottesdienst.

Neben dem JVA-Chor gestalteten weitere Gefangene den Gottesdienst mit Liedern, Musik und einem pantomimischen Spiel über den guten und schlechten Gebrauch der Hände. Vergebung habe immer mit Gott zu tun, sagte Caritasvorsitzender Domkapitular Clemens Bieber in seiner Predigt. Gefährdetenhilfe, ein zentrales Feld der Caritas, sei der Hintergrund für diese Ausstellung gewesen, sagte Caritasdirektor Martin Pfriem bei der anschließenden Begrüßung im Caritashaus. Die Caritas freue sich daher sehr über diese ungewöhnliche und anregende Ausstellung.

„Über Bilder können Gefangene ihre Sprachlosigkeit, ihre Trauer, Scham und Reue verarbeiten“, erklärte Ingrid Pollak, die die Entstehungsgeschichte der Ausstellung skizzierte. Bei der Vorbereitung hätte sie mit den Gefangenen nach einem verbindenden Element zwischen Menschen vor und hinter den Gittern gesucht. Dabei seien sie auf Socken gekommen. Zuerst hätten sie nur Socken von Mithäftlingen gesammelt, dann auch von Bediensteten der JVA. Und schließlich hätten sie auch Socken außerhalb der JVA gesammelt, bei Kolping, dem Sozialdienst katholischer Frauen, bei der Caritas, bei Behörden, Kirchen und Verbänden. Alle Socken – zusammen sind es über 500 – haben ihre Spender mit einem Wunsch, einer Fürbitte oder einem persönlichen Gedanken versehen. Aufgereiht auf einer langen Wäscheleine, ziehen sie sich als Begleitelement zur Ausstellung durch das dreistöckige Treppenhaus. „Auch die Socken der Gefangenen zeigen die Namen ihrer Besitzer. So wollen wir den Inhaftierten verdeutlichen, dass sie trotz ihres Gefängnisaufenthalts nicht ihren Namen verloren haben und in den Anonymität leben müssen“, erklärte Pollak. Jedem, der die richtige Anzahl der Socken heraus bekäme, versprach sie einen selbstgebackenen Kuchen.

Als Ingrid Pollak ihn vor Jahren um die Genehmigung einer Kreativgruppe gebeten habe, sei er sofort einverstanden gewesen, erklärte Anstaltsleiter Regierungsdirektor Robert Hutter. Eine Rückfrage beim bayerischen Justizministerium sei vom damaligen Staatsminister Manfred Weiß mit der Bemerkung „Wer bastelt, sägt nicht“ bewilligt worden. Hutter freute sich sehr über die Möglichkeit der JVA-Kreativgruppe, im Caritashaus ausstellen zu können. „In der JVA ist es auch nicht immer so schlecht, wie es nach außen oft vermittelt wird.“

„Sie sind uns alles andere als gleichgültig“, sagte Landtagsabgeordneter Oliver Jörg, Vorsitzender des Anstaltsbeirats, mit Blickrichtung auf die anwesenden Gefangenen. „Wir draußen warten hier auf Sie, wir stigmatisieren Sie nicht“, machte er ihnen Mut. Diesen Zuspruch drückten auch Grußworte aus, die Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal, Landtagspräsidentin Barbara Stamm und die bayerische Justizministerin Beate Merk geschickt hatten.

Höhepunkt der Eröffnung war die spontane Versteigerung eines kleinen Motorradmodells, das ein Gefangener in dreimonatiger Arbeit gefertigt hatte. Für 105 Euro ersteigerte es Domkapitular Bieber für das Caritashaus. Das Geld fließt in den Basteltopf der Kreativgruppe.

Die Ausstellung ist bis August montags bis freitags zu den üblichen Büroöffnungszeiten zu sehen.

(1910/0636; E-Mail voraus)

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