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Sebastianusfest Oberschwarzach, 19.1.2025

Wir haben die Wahl!

„Das Fest des Schutzpatrons und die Bürgerwehr sind … nicht nur eine schöne Tradition, beides ist vielmehr eine höchst aktuelle Botschaft! Es geht um ein in jeder Hinsicht – also körperlich und geistig – gesundes Leben der Menschen und von daher um ein zufriedenes und hoffnungserfülltes Miteinander“, sagte Domkapitular Clemens Bieber bei seiner Predigt zum Sebastianusfest in Oberschwarzach. Er ermutigte: „Bleiben Sie sich Ihrer Tradition bewusst, bleiben Sie in unserer Gesellschaft verwurzelt und vernetzt und wirken Sie daran mit, unser Land als Heimat für viele Menschen zu bewahren und zu beschützen. So können wir auf dem christlichen Fundament unserer fränkischen Heimat bei aller Weltoffenheit eine gute Zukunft sichern.“

Die Predigt im Wortlaut:

Wir stehen vor der Wahl! – Damit meine ich jetzt aber nur sekundär die in fünf Wochen am 23. Februar anstehende Wahl zum Deutschen Bundestag.
Wir stehen vor der Wahl! – Damit meine ich grundsätzlich die Frage, in welche Richtung sich unser Leben und unsere Gesellschaft entwickeln. Um dieser Frage nachzugehen, ist der heutige Festtag ein wichtiges Zeichen – weit über die eigene Gemeinde hinaus.

Der Sebastianustag und die Bürgerwehr von Oberschwarzach wurden sogar ins bayerische Landesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Das Fest des Schutzpatrons und die Bürgerwehr sind aber nicht nur eine schöne Tradition, beides ist vielmehr eine höchst aktuelle Botschaft! Es geht um ein in jeder Hinsicht – also körperlich und geistig – gesundes Leben der Menschen und von daher um ein zufriedenes und hoffnungserfülltes Miteinander.

1611 wütete die Beulenpest, berichten die Annalen. 158 Menschen fanden in kürzester Zeit den Tod. Die Vorfahren hielten zusammen und unterstützten sich gegenseitig, wo sie nur konnten. Ihre Sorge umeinander war getragen vom Vertrauen in Gott und seine Hilfe. Deshalb richtete sich ihre Hoffnung auch auf den Helfer in Pestgefahren. Von ihm ist überliefert, dass er als Soldat im Dienst des Kaisers stand und dennoch zum christlichen Glauben fand. Sebastian konnte zahlreiche seiner Landsleute in Rom vom christlichen Glauben überzeugen.
Das jedoch passte nicht in den Zeitgeist, in die Politik des Kaiser. Es galt deshalb die Haltung eines Christen wie Sebastian auszumerzen. Das erledigten Bogenschützen mit ihren Pfeilen. Doch beherzte Christen pflegten den schwer Getroffenen. Körperlich wieder stabil trat er dem erstaunten Kaiser öffentlich entgegen und hielt ihm die grausame Sinnlosigkeit seiner Haltung vor. Daraufhin ließ ihn Diokletian zu Tode peitschen.

Die Oberschwarzacher spürten damals in ihrer Not die Hilfe. Sie fanden Kraft im Gebet und schöpfen Zuversicht. Ihr Gottvertrauen hat geholfen, die Not abzuwenden und die tödliche Gefahr zu bannen. Aus diesem Grund und als Dank erfüllt der Ort und die Bürgerwehr jedes Jahr aufs Neue das Pestgelübde und begehen den Sebastianustag in besonderer Weise.
Wenn dieser Tag nicht nur als schöne Tradition begangen wird, sondern sich immer aufs Neue mit seinem Ursprung und der Haltung der Menschen damals verbindet, dann wird dieser Tag wirklich zum Fest mit einem wichtigen Signal, denn wir stehen vor der Wahl!

Wir erleben derzeit einen starken Umbruch in unserer Gesellschaft. Vertraute Gewohnheiten, die das Miteinander der Menschen über Generationen hinweg geprägt haben, gehen verloren, ohne dass sich andere, sinnvolle und lebenswerte Alternativen entwickelt hätten. Das macht unsicher und auch orientierungslos.
Zugleich wächst die Sorge, dass sich durch die sozialen Medien Lebensweisen verbreiten, die nicht wirklich Halt und Sicherheit geben und das Miteinander letztlich nicht fördern. Dazu kommt die Angst, dass durch Menschen aus anderen Ethnien und Kulturen sowie Religionen unsere Identität verloren geht. Aber das friedvolle Miteinander in einem Volk, in einem Land braucht eine verbindende geistige Grundlage und ein Wertefundament.

Ein Begriff, wie das aktuelle „Unwort des Jahres“, nämlich „biodeutsch“, ist nicht nur rassistisch, sondern wie ein Giftpfeil, der tödlich ist für Menschenwürde und das Zusammenleben unmöglich macht. Solche Reden sind wie die Pest – gefährlich, erniedrigend und früher oder später tödlich.

Alle Bemühungen um einen verständnisvollen Dialog und eine gelingende Integration werden durch unsinnige und menschenverachtende Aktionen Einzelner torpediert. Zurecht wird der islamistische Terror als Bedrohung empfunden. Dabei wird jedoch häufig nicht zwischen dem Islam als Religion und dem ideologisch verblendeten islamistischen Terror, der die Religion für seine Ideologie benutzt, unterschieden. Ebenso vermengen viele in den islamisch geprägten Regionen der Erde die freien, demokratischen und wirtschaftlich starken Länder mit dem in diesen Ländern – noch – verbreiteten Christentum. Man erachtet uns als Ungläubige.

Alle müssen auf Frieden in der Welt hinwirken. Damit dies gelingt, ist es notwendig, zwischen den religiösen Überzeugungen und den ideologischen Verblendungen zu unterscheiden und dabei selbst der Friedensbotschaft der eigenen Religion zu folgen und entsprechend zu handeln.
Doch die Kenntnis von Religion und das Bewusstsein für Religion in unserem Land ist nicht sonderlich ausgeprägt. Vorherrschend scheinen pauschale Urteile über die christlichen Kirchen zu sein. Dazu kommt die Forderung nach einem säkularen Staat. Immer lauter wird die Abschaffung von christlichen Feiertagen, von Tanzverboten und ähnlichen Einschränkungen an stillen Feiertagen gefordert. Das wöchentliche Osterfest, der arbeitsfreie Sonntag werden mehr und mehr dem Kommerz geopfert. Ebenso konträr zur kirchlichen Haltung werden Forderungen erhoben zu zentralen ethischen Fragen z.B. zur Fortpflanzungs- und Reproduktionsmedizin, zum Lebensschutz.
Nicht nur an seinem Anfang, sondern auch an seinem natürlichen Ende gerät die Sicht auf das Leben ins Wanken. Dieser Tage war zu lesen, dass die Zahl an Suizid-Hilfen steigt. 2021 waren es noch rund 350, 2024 schon rund 1200 Fälle, bei denen Menschen entweder im Blick auf eine Erkrankung oder aus „Lebenssattheit“ die Möglichkeit der Suizid-Hilfe wählten. Ebenso erschreckend ist für mich das Ergebnis einer Forsa-Umfrage, wonach die Tatsache, „dass die Suizid-Assistenz erlaubt ist“ von 84 Prozent der Bevölkerung als „gut“ oder gar „sehr gut“ erachtet wird. In dieser Entwicklung spiegelt sich gewiss auch die nachlassende Solidarität mit Schwachen, Geschwächten und auf Hilfe Angewiesenen!
Ich belasse es bei diesen Stichworten zu dem höchst gefährdeten Thema „Lebensschutz“.

Zwar wird von Einzelnen den christlichen Kirchen zugestanden, dass sie der Gesellschaft vielfältige Impulse geben und einen wichtigen Beitrag für die die Gesellschaft leisten, etwa im Sozialbereich oder beim Engagement für geflüchtete Menschen. Dennoch soll das Verhältnis zwischen Staat und Kirche der heutigen gesellschaftlichen Realität angepasst werden. Offensichtlich wird vergessen, welche wichtige Aufgabe die Kirchen z.B. durch ihren sozial-caritativen Dienst wahrnehmen, aber auch in der Kultur. Ebenso geben die christlichen Kirchen durch ihre pastoralen, seelsorglichen Bemühungen den Menschen gerade in Zeiten großer Verunsicherung Halt und Zuversicht.

Unsere Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Damit verändern sich auch viele geistige, geistliche wie auch ethische Grundlagen für das Zusammenleben der Menschen. Aber gerade in Zeiten des Umbruchs braucht es klare Orientierung. Deshalb geht es nicht nur um die Wahl am 23. Februar, sondern um die grundsätzliche Richtung, in die sich unsere Gesellschaft entwickelt. Es geht damit auch um jede und jeden von uns: Wir haben die Wahl!

Die Lesung aus dem ersten Petrusbrief, die wir im Festgottesdienst zur Ehren des Hl. Sebastian hören, weist auf die Situation der Christen in den ersten Generationen hin: „Wenn ihr um der Gerechtigkeit willen leidet, seid ihr seligzupreisen. Fürchtet euch nicht vor ihnen und lasst euch nicht erschrecken …“ Gerade dann ist Eure Haltung und Euer Zeugnis wichtig: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach dem Grund der Hoffnung fragt, die euch erfüllt …“

Getragen ist die Zuversicht von der Ermutigung Jesu, die wir im Evangelium gehört haben: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!“ Und dazu seine Zusage: „Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.“ Daran hat sich der Hl. Sebastian gehalten. Daran haben sich die Menschen in Oberschwarzach in sehr gefährdeter Zeit gehalten. Sie haben Hilfe erfahren, um Leben zu retten. Es gehört also Mut dazu, Christ zu sein! Denn Christsein ist mehr als nur eine angenehme Form des Umgangs miteinander, mehr als gute Manieren, mehr als Traditionspflege, Christsein fordert den ganzen Menschen!

Es verwundert mich nicht, dass viele Muslime bei uns zumeist das klare Bekenntnis zum Glauben an Gott und die Konsequenz im Leben vermissen. Deswegen nehmen sie den christlichen Glauben nicht ernst. Sie sind verwundert, wie Gott und der Glaube an ihn bagatellisiert, sogar lächerlich gemacht und allenfalls auf soziale Handlungen reduziert wird.

Ein Trendforscher hat festgestellt, dass die Menschen – auch in unserer Gesellschaft – Orientierung suchen, und eine glaubwürdige, tragfähige Botschaft vermissen. Deshalb kommt es für uns als Christen vor allem darauf an, die Nöte von Menschen – ihre sozialen, aber auch geistigen, inneren Nöte – wahrzunehmen. Unser Auftrag ist, Hilfe zum Leben zu geben, ohne zu allem „Ja und Amen“ zu sagen bzw. alles gutzuheißen, was heute „in“ ist. 

Wir bezeugen die Liebe Gottes in der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, auf die Menschen zugehen und uns um sie annehmen. Zugleich ist es wichtig, Grundsätzliches über die Welt, das Leben, das Menschsein und das friedvolle Miteinander anzusprechen. Wo immer Menschen bereit sind, sich im Geiste Jesu um das Leben anzunehmen, wird die Welt menschlicher und lebenswerter.

Bleiben Sie sich Ihrer Tradition bewusst, bleiben Sie in unserer Gesellschaft verwurzelt und vernetzt und wirken Sie daran mit, unser Land als Heimat für viele Menschen zu bewahren und zu beschützen. So können wir auf dem christlichen Fundament unserer fränkischen Heimat bei aller Weltoffenheit eine gute Zukunft sichern. Wir haben die Wahl!

Domkapitular Clemens Bieber
www.caritas-wuerzburg.de

Text zur Besinnung

Menschen, 
die aus der Hoffnung leben, 
sehen weiter.

Menschen, 
die aus der Liebe leben, 
sehen tiefer.

Menschen, 
die aus dem Glauben leben, 
sehen ALLES
in einem anderen Licht.

(Lothar Zenetti)