Würzburg/Aschaffenburg (POW) Mit ihren hellblauen Ordensgewändern fallen sie auf, wenn sie auf Würzburgs Straßen unterwegs sind: Seit November 2009 leben und wirken hier drei Frauen und zwei Männer der in Italien gegründeten Ordensgemeinschaft Fraternitá Francescana di Betania. Im ehemaligen Pfarrhaus im Stadtteil Pleich, gegenüber der Pfarrkirche Sankt Gertraud, haben Schwester Liviana Bortolussi, Schwester Francesca Gavirati, Schwester Paola Imperatori, Bruder Alberto Onofri und Bruder Andrea Valori Quartier bezogen. Ihr langfristiger Wohn- und Wirkungsort wird das Kloster der Kapuziner in Aschaffenburg werden.
Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand und Personalreferent Domkapitular Monsignore Dr. Heinz Geist hatten die Ordensgemeinschaft 2007 in Italien besucht, um diese kennenzulernen und sich über deren Spiritualität zu informieren. Sie liege ganz auf der Ebene des Zweiten Vatikanischen Konzils und wolle aus dem Konzil heraus neue Impulse im Ordensleben setzen, sagte Hillenbrand bei der Begrüßung der Ordensleute im Bistum Würzburg im November 2009.
Gegründet wurde die Fraternitá 1982 in Italien vom Kapuzinerpater Pancrazio Gudioso. „Seine Idee war es, dass wie in den urchristlichen Gemeinden Laien und Geweihte unter einem Dach zusammenleben und sich dabei am Lebensprogramm des heiligen Pater Pio orientieren“, erklärt Bruder Alberto. Es dürfte weltweit der erste Orden sein, bei dem Männer und Frauen, die sich mittels Gelübde zu Armut, Keuschheit und Gehorsam verpflichten, unter einem Dach wohnen und einen gemeinsamen Oberen haben. Am 8. Dezember 1998, dem Hochfest der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau und Gottesmutter Maria, wurde die Bruderschaft von Donato Negro, Bischof des Bistums Molfetta-Ruvo-Giovinazzo-Terlizzi, als Institut des geweihten Lebens bischöflichen Rechts anerkannt – „ad experimentum“. Nach Angaben der Würzburger Mitglieder zählt der Orden derzeit insgesamt etwa 200 Mitglieder. Eine stattliche Anzahl lose verbundener Laien, so genannter Familiaren, gehört darüber hinaus ebenfalls der Gemeinschaft an. „Wir sind eine große spirituelle Familie“, sagt Bruder Alberto.
Besonderen Stellenwert hat die Gottesmutter Maria. „Sie ist für uns das Sinnbild für jeden Heiligen und Vorbild für die vollkommene Synthese aus Gebet und wahrer Gastfreundschaft“, betonen die Ordensleute. Zeichen der besonderen Verehrung ist nicht zuletzt das blaue Ordensgewand. Zu den spirituellen Quellen gehören neben dem Rosenkranzgebet das Stundengebet, das den Tag strukturiert, die abendliche heilige Messe sowie der freie Lobpreis. Außerdem steht die Hausgemeinschaft nachts um drei Uhr auf, um eine Stunde lang in der Hauskapelle zu beten. „Dieses Gebet ist für unser Institut fundamental und orientiert sich am Beispiel Jesu und der meisten Heiligen“, sagt Bruder Alberto.
In Würzburg sind aus Platzgründen keine Familiaren im gleichen Haus untergebracht. „Aber in unseren Häusern in Terlizzi, Partanna, Rom, Loreto, Cella di Noceto, Monte San Savino oder im schweizerischen Rovio bieten wir gerne auch ganzen Familien Gelegenheit, mit uns zu leben, zu beten und zur Ruhe zu kommen“, sagt Schwester Francesca. Das Haus Bethanien, in dem laut Bibel die Geschwister Martha, Maria und Lazarus wohnten und Jesus wiederholt zu Gast war, ist Ideal und Vorbild der Gemeinschaft: Gebet und Gastfreundschaft sind die tragenden Säulen, gelebt im tiefgreifenden Zusammenhang des für die Franziskaner typischen brüderlichen Lebens. „Wir heißen Menschen, die Gott suchen, immer bei uns willkommen. Besonders bieten sich dafür Zeiten wie der Advent, Ostern oder Pfingsten an“, erklärt Schwester Francesca. Unabhängig vom Kirchenjahr sei die Gemeinschaft offen für Menschen, die geistliche Begleitung suchten. „Wir wollen Antworten auf Anfragen der Zeit geben“, sagt Bruder Alberto.
In Süditalien liege der Schwerpunkt der Tätigkeit darauf, materielle Nöte der Mitmenschen zu lindern. In Deutschland stehe dagegen die geistliche Begleitung von Jugendlichen und Familien im Vordergrund. „Außerdem ist uns die Seelsorge für die italienischen Katholiken im Bistum Würzburg übertragen. Das ist unsere vorderste Aufgabe.“ Darüber hinaus, betonen die Frauen und Männer, möchte ihr Haus eine Oase der Spiritualität für das ganze Bistum Würzburg sein.
Mittelfristig sei der Umzug in das frühere Kapuzinerkloster nach Aschaffenburg geplant. „Wir freuen uns schon auf unser neues Zuhause, weil wir bei geänderten Platzverhältnissen unser Charisma stärker leben können“, erläutert Schwester Francesca. Bis dahin wollen die zwei Priester und die drei Schwestern die Zeit nutzen, sich in Deutschland einzuleben. „Jeder Schritt will in Gebet und Taten vorbereitet sein.“ Das bedeutet unter anderem, dass der Besuch von Deutschkursen zum Pflichtprogramm gehört. „Wir bemühen uns auch, mit möglichst vielen Menschen in Kontakt zu kommen, damit wir die deutsche Mentalität kennen lernen“, berichtet Bruder Alberto. Unter anderem gestaltet seine Gemeinschaft sonntags von 8 bis 10 Uhr eine Andacht in der Anbetungskapelle der Neumünsterkirche. Außerdem besuchen die Ordensleute regelmäßig Häftlinge in der Justizvollzugsanstalt Würzburg.
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