Morgendämmerung
Ich liege in meinem Bett und träume etwas Schönes. - Da läutet doch der blöde Wecker und reißt mich aus dem Schlaf. Draußen ist es noch dunkel. Ein Blick auf mein Smartphone lässt aber keinen Zweifel: Ja, es ist Zeit, aufzustehen. Ich gähne noch einmal herzhaft, und dann geht es raus aus den Federn: Zeit aufzustehen.
Zeit aufzustehen ist es auch für uns, und zwar im übertragenen Sinne. So schreibt es Paulus an die Gemeinde in Rom: „Und das tut, weil ihr die Zeit erkannt habt, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf“ (Römer 13).
Wir feiern am Sonntag den ersten Advent. Advent heißt: Ankunft.
Die Finsternis dieser Weltzeit können wir vergleichen mit der schwarzen Nacht: Dem Raffen dieser Welt. Dem Egoismus. Der Brutalität, dem Morden. Der Kriegstreiberei.
Paulus verkündet: Gott wird alledem ein Ende setzen. Zwar ist es noch dunkel, aber es beginnt schon zu dämmern. Wie meint Paulus das?
Er redet von der Ankunft des Reiches Gottes, das jeden Moment anbrechen kann: So wie der Tag kommt, wenn es dämmert. Unaufhaltsam.
Dann wird alles im hellen Licht Gottes stehen. Von Gottes Heiligkeit, von seiner Wahrhaftigkeit, von seiner Gerechtigkeit wird alles hell erleuchtet sein. Und es wird keine schattigen Nischen mehr geben, in denen wir uns heimlich vor Gott verstecken könnten.
„Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen“, so formuliert das Paulus.
Wie geht es mir, wenn ich es schließlich geschafft habe aufzustehen?
Erstens: Ich habe zu tun, weil ich mich für den Tag fit machen muss: Raus aus dem Schlafanzug eines Lebens, in dem alles wichtig ist, nur nicht Gott. Unter die reinigende Dusche der Liebe Christi, der mir meine Schuld vergibt, wenn ich ihn darum bitte.
Paulus sagt: Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts. - „Waffen“, das klingt martialisch, ist aber nicht so gemeint. Denn es handelt sich um sehr gute Waffen, wie z.B.: Vertrauen auf Gott. Wahrhaftigkeit. Barmherzigkeit. Liebende Aufmerksamkeit. Hilfsbereitschaft.
Diese Dinge sind vergleichbar mit schicken Kleidungsstücken, die sich gut machen, wenn der Tag Gottes anbricht. Paulus sagt es so: „Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt!“
Zweitens: Ich trage in mir eine lebendige Hoffnung. Ja, ich leide unter der Bosheit und dem Hass in der Welt, zu der übrigens auch ich selbst gehöre. Ich erlebe viel Finsternis. Aber ich muss deswegen nicht verzweifeln.
Da ist so ein Kribbeln in meinem Bauch. So eine Vorfreude. Es ist Advent. Ich weiß: Gottes Tag kommt. Es dauert nicht mehr lange: Morgendämmerung des Glaubens.
Vielleicht zünden Sie in der kommenden Adventszeit eine Kerze an, wenn es draußen dunkel ist. Oder Sie gehen durch die adventlich beleuchtete Stadt.
Dann wünsche ich Ihnen ein bisschen Advents-Kribbeln. Gottes Reich kommt. Jesus kommt wieder. Ganz gewiss.
Ihr Robert Augustin, Pfr.

