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Zeichen der Hoffnung

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der ökumenischen Kreuzbergwallfahrt am Samstag, 19. September 2009, am Kreuzberg in der Rhön

Liebe Schwestern und Brüder,

„Wir rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes“, hörten wir eben aus dem Römerbrief. Das Wort Hoffnung kommt zirka 120 Mal in der Heiligen Schrift vor.

Die Hoffnung ist ein Grundelement unseres Lebens. Nicht zu unrecht heißt es: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Die Älteren unter uns erinnern sich noch an die letzten Kriegsnächte, das Bombardement unserer Städte und die Angst um unser und unserer Angehörigen Leben – an der Front oder zu Hause. Die Hoffnung, doch noch lebend davon zu kommen, nicht Haus und Hof zu verlieren, prägte den innersten Lebenswillen.

Als meine Mutter in den angstvollen Bunkernächten meinen älteren Brüdern Hoffnung verbreiten wollte und von den mit Schokolade und Süßigkeiten voll gestopften Schaufenstern der Konditoreien der Vorkriegszeit erzählte, meinte mein Bruder: „Das ist doch sicherlich nur ein Märchen.“

Eine Notsituation kann sehr ernüchtern. Sicherlich kennen Sie alle Mitmenschen, die durch schweres Leid so angeschlagen und verbittert sind, dass sie in Gefahr sind, die Hoffnung zu verlieren. Aussprüche wie „Das ändert sich ja doch nicht mehr“ oder „Ich glaube nicht an eine bessere Zukunft“ lähmen und töten den Menschen innerlich ab.

Christen sind davon nicht ausgenommen. Auch uns vermögen bittere Lebenserfahrungen wie Krankheit, Tod eines geliebten Menschen, der Verlust der Arbeit und – was noch schlimmer ist – des Selbstwertgefühls, innerlich ins Schleudern zu bringen. „Wie kann Gott das zulassen?“ ist dann eine bohrende Frage, die oft zum Glaubenszweifel wird.

Der Heilige Paulus kannte schon damals diese Situation. Er geht auf das Thema der Hoffnung im eben gehörten Römerbrief ein, weist aber unseren Blick zunächst aber auf einen viel tieferen Zusammenhang: auf die eigentliche Ursache des Leides: die Sünde!

Christus ist für uns Sünder am Kreuz gestorben. Diese freiwillige Lebenshingabe wird in ihrer großen Bedeutung erst dann deutlich, wenn sein Liebessterben in Korrelation zur Schwere unserer Schuld gesehen wird. Wenn wir uns gar nicht als schuldig, gar nicht als Sünder empfinden, werden wir auch schwerlich sein Sterben am Kreuz richtig werten können.

Es ist für mich ernüchternd, wenn ich in den zahlreichen Talkshows im Fernsehen höre, wie Menschen schamlos ihre Sünden offen legen – ohne Einsicht und Reue. Es ist abgeschmackt, wie Betrug, Verrat, Ehebruch und Abtreibung als alltägliche Banalitäten gekennzeichnet werden. Bei einer solchen Einstellung wundert es mich nicht, dass Christi Kreuzesopfer nicht als Sühnetod – auch für mich – verstanden wird.

Dabei ist hier der Schlüssel zur Gemeinschaft mit Gott gegeben. Wir wären ohne Jesu Sterben für uns ohne Hoffnung auf Änderung unserer zum Leid und Tod verurteilten Lebenssituation.

Der erste Schritt ist das Begreifen von Leid und Tod als Folge der Sünden der Menschheit. Das heißt nicht, dass der Einzelne für seine begangene Schuld leidet, wohl aber dass das Leid in der Welt eine Folge dieses gebrochenen Verhältnisses zu Gott ist. Nur wenn ich bereit werde, mein Leben mit den Augen Gottes zu sehen, das heißt, mein Leben nach dem Willen Gottes auszurichten, schaffe ich die Voraussetzung, dass Jesu Erlösungssterben auch bei mir greift.

Der zweite Schritt führt uns zur Hoffnung, dass unser Leben – mit allen Höhen und Tiefen – in den liebenden Händen Gottes geborgen ist. Zu erwarten, dass ich als gläubiger Mensch ohne Anfechtungen und Schwierigkeiten durch das Leben komme, ist unrealistisch, ja einfach falsch. Als Christen sind wir wie alle anderen Menschen den Widrigkeiten und Unwägbarkeiten des Lebens ausgesetzt. Ich denke sogar, dass wir als Christen oft noch mehr gefordert werden als andere Menschen. Warum? Weil wir aus der Hoffnung leben dürfen, dass wir durch Christi Kreuz vom Tod zum Leben gekommen sind.

Das ist aber eine auf Zukunft, auf die Vollendung unseres Lebens in der Ewigkeit ausgerichtete Perspektive. Paulus wörtlich: „…(wir) rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.“ Erst mit dieser Zuversicht, diesem Vertrauen, dass Gott den Tod seines Sohnes als Sühne für uns in Leben verwandelt hat, und deshalb auch unser endliches Leben in seine Ewigkeit hinein nimmt, gewinnen wir die Kraft, die Schwierigkeiten des Alltages nicht nur auszuhalten, sondern sie in Segen umzuwandeln.

Paulus hat die Einsicht gewonnen, dass die Bedrängnis, in der wir alle auf irgendeine Weise stecken, Geduld bewirkt. Erst wenn wir angefochten sind, wird sich zeigen, wie wir damit umgehen, ob wütend, zornig, resigniert oder vertrauend, dass Gott um uns weiß und uns selbst beisteht. Geduld bewirkt Bewährung – folgert Paulus weiter. Wenn wir in einer schwierigen Lebenssituation nicht revoltieren, nicht das Handtuch werfen, sondern Gott vertrauen, dann bewirkt diese Haltung Stärke – und zwar in dem Sinne, dass wir uns im Glauben bewähren. Jetzt zeigt sich erst, wie sehr wir Gott vertrauen und ihn lieben.

Als drittes aber fügt der Apostel Paulus an, bewirkt Bewährung Hoffnung. Jetzt lichtet sich die dunkle, lastende und lähmende Situation in lebensfördernde Hoffnung. Dies unterscheidet uns von Menschen, die keine Hoffnung haben.

Wir dürfen in eine Zukunft hinein gehen, die Gott ist. Alle unsere Sehnsüchte nach Liebe, Geborgenheit und Gerechtigkeit werden sich in Gott erfüllen.

So wie wir heute zum Kreuzberg, dem heiligen Berg der Franken gepilgert sind, sind wir unser ganzes Leben unterwegs zur Herrlichkeit Gottes, dem ewigen Leben. So wie hier das Kreuz Christi aufgerichtet ist, kommen wir zu unserem Ziel nicht am Kreuz vorbei. Aber hier zeigt sich auch, dass das Kreuz zum Zeichen der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes geworden ist, denn Christus ist nicht im Tode geblieben, sondern von den Toten auferstanden. Somit umgibt das Kreuz der Glanz der Auferstehung.

Dank sei Gott, der uns unseren Erlöser Jesus Christus gesandt hat.

Amen.